Ob er kalte Füße hatte, ist nicht überliefert, aber ziemlich wahrscheinlich: Als Heribert, gerade zum Erzbischof von Köln ernannt, im Jahr 999 am Vorabend von Weihnachten in seine künftige Bischofsstadt einzog, tat er das barfuß. Ob das stimmt, sei nicht mehr zu belegen, sagt der stellvertretende Leiter des Historischen Archivs im Erzbistum Köln, Joachim Oepen, aber es sei durchaus denkbar, dass er als Geste der Demut auf seine Schuhe verzichtete. Bis heute ziert die Szene den Schrein, in dem Heriberts Gebeine ruhen.
Heribert war um die erste Jahrtausendwende ein mächtiger Mann: Erzbischof von Köln und zugleich Kanzler und enger Vertrauter von Kaiser Otto III.
Gemeinsam wollten die beiden das Römische Reich wiederauferstehen lassen – unter christlicher Flagge. Doch der Plan scheiterte, weil Otto bereits im Jahr 1002 im Alter von 22 Jahren starb. Daraufhin errichtete Heribert auf der rechten Rheinseite, direkt gegenüber vom Dom, eine Benediktinerabtei. Beide hatten sich versprochen, dem jeweils anderen, wenn er zuerst stirbt, ein der Gottesmutter geweihtes Kloster zu errichten. Der Bau hatte weitreichende Folgen, denn er legte den Grundstein für die Stadtentwicklung Kölns auf der rechten Rheinseite, die die Kölner bis heute als "Schäl Sick", also die "falsche Rheinseite", belächeln.
Karriereknick für Heribert
Nach dem Tod seines Freundes Otto war es allerdings mit der politischen Macht vorbei: Bayernkönig Heinrich drängte an die Macht, Heribert verlor das Amt des Kanzlers und seinen Einfluss im Reich. "Ich glaube, dass viele seiner Leistungen damit zusammenhingen, dass er sich dann ausschließlich auf seine Aufgaben als Bischof konzentrierte", sagt Joachim Oepen vom Historischen Archiv.
Heribert soll die Armen besucht, Kranke geheilt und Menschen in Hungernot geholfen haben, das erzählen Legenden. Bewiesen ist das nicht, Fakt ist jedoch: Durch seine Ausbildung und seine Erfahrungen als Kanzler besaß er ein erhebliches Organisationstalent. Als etwa nach der Jahrtausendwende Hungersnöte ganz Europa heimsuchten, setzte er Almosenverwalter ein und organisierte eine äußerst effektive Hilfe. "Das würde man heute professionelles Krisenmanagement nennen", so Oepen. "Das erscheint uns normal. Aber wir reden über die Zeit vor tausend Jahren, wo das nicht der Fall war. Und das unterscheidet ihn von anderen Bischöfen seiner Zeit."
Verehrung nach seinem Tod
Als Heribert am 16. März 1021 starb, wurde er in der Abtei in Köln-Deutz beigesetzt. Schon kurze Zeit später setzte eine Heiligenverehrung ein und am 30. August 1147 – also nur rund hundert Jahre nach seinem Tod - kam es zur Erhebung der Gebeine; bis in die Gegenwart gilt das Datum im Erzbistum Köln als sein Gedenktag.
Heute ruhen seine Gebeine in Neu St. Heribert, einer Kirche wenige hundert Meter von der Abtei entfernt, in einem prachtvollen Schrein aus dem zwölften Jahrhundert. Für das Festjahr zu Heriberts 1000. Todestag wurde dort eigens ein Gerüst errichtet, damit man den Schrein aus der Nähe betrachten kann. Für den Pfarrer Jürgen Dreher ist die Botschaft Heriberts heute noch aktuell: "Er machte das Beste aus dem, was ihm widerfuhr. Er holte sich seine Macht nicht gewaltsam zurück, sondern entschied sich, für die Menschen da zu sein", sagt er. "Heribert zeigt uns: Auch wenn es im Leben nicht rund läuft und wir Rückschläge einstecken müssen, sollten wir nicht aufhören, Gutes zu tun und anzustreben."
Besuch aus Mainz
Auch deshalb steht das Festjahr zu Ehren Heriberts unter dem Leitwort: "Gerechtigkeit. Macht. Frieden". "Das hat ihn ausgezeichnet", erklärt der Kölner Stadtdechant Monsignore Robert Kleine. "Er war ein gerechter Herrscher und er setzte seine Macht zum Wohl der Menschen ein. Das war damals nicht selbstverständlich." Darin sei er den Menschen ein gutes Vorbild.
Auftakt des Jubiläumsjahres ist ein Gottesdienst am 14. März in der Kirche St. Heribert, zu dem der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf anreisen wird. Denn Heribert stammte gebürtig aus Worms, im Bistum Mainz wuchs er auf, besuchte die Domschule und wurde zunächst Dompropst.
Am 16. März wird es eine Vesper in Alt-St. Heribert geben, wo heute die Griechisch-Orthodoxe Gemeinde beheimatet ist. Danach sind zahlreiche Veranstaltungen und eine Sonderausstellung zum Heribertusjahr geplant, Höhepunkt ist eine feierliche Prozession am 29. August – vor dem Jahrestag der Erhebung seiner Gebeine – mit dem Schrein zum Dom.
Wie die Orgaisatoren aus dem Erzbistum und der Gemeinde hofft auch Stadtdechant Robert Kleine auf eine Entspannung der Corona-Lage, damit das alles in den kommenden Monaten stattfinden kann. Und damit Heriberts Botschaft so viele Menschen wie möglich erreicht: "Wir brauchen Gerechtigkeit, damit es Frieden gibt". Heriberts Vorbild könne ausstrahlen bis in die Republik und nach Europa hinein. "Heribert gibt uns Mut, in der Kirche, in der Gesellschaft und in der Ökumene gemeinsam voranzuschreiten für Gerechtigkeit und Frieden. Damit wir alle daran arbeiten – wie es auch immer in unserer Macht steht."