Bischöfe befassen sich mit dem Wandel des Priesterberufs

Die XXL-Gemeinden und die Helikopterpriester

Gemeinden leiten, predigen oder Sakramente spenden - Priester ist ein vielfältiger Beruf. Doch die Zahl der Neupriester wird kleiner - der Zuschnitt von Pfarreien größer.

Autor/in:
Andreas Otto
Priester hält Hand einer Frau / © Paul Sklorz (KNA)
Priester hält Hand einer Frau / © Paul Sklorz ( KNA )

Die katholischen Bischöfe Deutschlands suchen Auswege aus dem Dilemma.

Immer weniger katholische Männer wollen Priester werden und dabei auch ehelos leben. Viele Bistümer reagieren mit XXL-Gemeinden. Und aus den Dorfpfarrern von einst sind Manager mit großen Teams geworden.

Mit diesem Wandel des Priesterberufs befasst sich die Bischofskonferenz am Mittwoch bei einem Studientag während ihres Frühjahrstreffens in Bergisch Gladbach (Bensberg). Die 65 Bischöfe sind in Sorge, wie es mit immer weniger Priestern weitergehen soll.

"Helikopterpriester"

Und wie auch die Geistlichen damit klarkommen, wenn sie den Menschen in vielen Orten nahe sein sollen. Das Wort vom Helikopterpriester macht die Runde, der kurz zu Seelsorgeeinsätzen "einfliegt" - und schnell wieder weg ist.

Seit den 1990er Jahren sinkt die Zahl der Neupriester. 2015 erreichte sie bundesweit einen Tiefststand von 58, stieg aber 2016 wieder auf 80. Doch damit lassen sich die Lücken der Ruheständler kaum schließen. Und durch anderes Seelsorgepersonal sind katholische Priester nur bedingt zu ersetzen. Allein sie dürfen der Heiligen Messe mit der Eucharistie vorstehen, die nach kirchlicher Lehre konstitutiv ist für eine Gemeinde.

Bislang haben viele Bistümer zu ähnlichen Rezepten gegriffen und Großpfarreien oder pastorale Räume gegründet. Trotzdem wird das Personal knapp. Und bei den Priestern kommen die neuen Strukturen oft nicht gut an. So nennt sich ein Geistlicher spöttelnd "Raumpfleger".

Sollen Laien Präsenz der Kirche sichern?

Die Bischöfe können sich indes keine Priester aus den Rippen schneiden und setzen unter anderem darauf, dass Laien die Präsenz der Kirche sichern. "Jeder Getaufte ist für den anderen Seelsorger", betont Hartmut Niehues. Er ist Vorsitzender der Regentenkonferenz, der die Leiter der Priesterseminare angehören. Aufgabe des Priesters müsse es künftig sein, die Getauften "in ihrem Dienst für die anderen zu stärken".

Demgegenüber steht eine andere Erfahrung - dass Priester nur noch bedingt gefragt sind. "90 Prozent unserer Leute nehmen sonntags nicht an der Eucharistie teil. Beichte und Krankensalbung sind selten geworden", bilanziert Niehues. Und er fragt sich, ob noch viele Menschen damit rechnen, dass Gott in sakramentalen Zeichen erfahrbar ist. Ähnlich erleben es die Goldjubiläums-Priester: "Es tut uns besonders weh, dass außerhalb der 'Erstkommunion-Saison' kaum noch Kinder und junge Familien zum Gottesdienst kommen" und viele Jugendliche und Erwachsene nur punktuell am Gemeindeleben teilnehmen.

Aus diesem Grund zog der Münsteraner Priester Thomas Frings einen Schlussstrich als Pfarrer. "Nicht Schafen hinterherlaufen, die sich gar nicht verloren fühlen", begründete er seinen Rückzug in ein Kloster.

ZdK erntet bischöflichen Widerspruch

Wenn es um Priester und ihren Mangel geht, rücken auch Themen wie Weihe für Frauen und Zölibat in den Fokus. Thomas Sternberg, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), wendet sich gegen die Absage an die Frauenordination. Auch der Zölibat habe "seine Plausibilität verloren". In beiden Punkten erntet der Laienvertreter bischöflichen Widerspruch.

Die Jubiläums-Priester finden, dass das "Modell alleinstehender Mann" zu "fruchtloser Vereinsamung" führt. Vor den Gefahren des Single-Dasein warnt auch Hamburgs ehemaliger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Früher hätten Pfarrer, Kapläne und Haushälterinnen unter einem Dach gelebt. Jetzt drohe Vereinzelung: "Das Leben aus Mikrowelle und Tiefkühltruhe, abends eine Flasche Bier vor dem Fernseher, das ist kulturlos." Es brauche neue Modelle des Zusammenlebens. Ein solches praktiziert etwa der Passauer Bischof Stefan Oster: Er lebt in einer Vierer-WG mit zwei Laien und einer Ordensschwester.

 

Quelle:
KNA