Die Aufforderung des peruanischen Medienportals "El Perfil" an die Präsidentin des Landes ist eindeutig: "Stoppen Sie das Massaker, Senora Dina, und treten Sie zurück."
Die Tageszeitung "El Comercio" berichtet am Donnerstag dagegen über Chatprotokolle, die beweisen sollen, dass es sich bei den gewalttätigen jüngsten Ausschreitungen um koordinierte Aktionen handelte, um den Staat zu destabilisieren.
Die Zeitung "Peru 21" will obendrein Beweise haben, dass sich das Vermögen des abgesetzten Präsidenten Pedro Castillo und einiger seiner Minister innerhalb eines Jahres vervielfacht habe.
40 Tote bei Unruhen
Die Fakten: Wenige Wochen seit Absetzung des unter Korruptionsverdacht stehenden Linkspolitikers Castillo sind bislang 40 Menschen bei Unruhen in Peru ums Leben gekommen. Opfer gibt sowohl in den Reihen der Polizei als auch unter den Protestierenden zu beklagen. Die neue Staatschefin Dina Boluarte gerät immer mehr unter Druck.
Die Peruanische Bischofskonferenz forderte in ihrer jüngsten Stellungnahme: "Nein zur Gewalt, egal woher sie kommt." Peru dürfe nicht in die dunkle Ära des Terrors zurückkehren, die das Land 20 Jahre lang in Trauer gehalten habe. Diese aktuelle Situation erfordere es, mit absoluter Dringlichkeit das Gebot zu bekräftigen: "Keine Toten mehr, ja zum Leben!"
Proteste legitim laut Erzbischof Barreto
Inzwischen ist eine Delegation der Interamerikanischen Menschenrechtskommission in dem südamerikanischen Krisenland angekommen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Auch mit der Präsidentin werden Gespräche geführt. Die Proteste seien legitim, sagte zuvor der Erzbischof von Huancayo, Kardinal Pedro Barreto.
Insbesondere von jenen, die in Ausgrenzung und extremer Armut lebten. "Über dieses Protestrecht braucht man nicht zu diskutieren", so Barreto.
Amnesty International rief die Behörden des Landes auf, die Verantwortlichen für die Toten der vergangenen Tage zur Rechenschaft zu ziehen. Die hohe Zahl der Todesfälle mache dies unumgänglich, sagte die Amerika-Direktorin der Menschenrechtsorganisation, Erika Guevara-Rosas.
Die Staatsanwaltschaft müsse gegen alle ermitteln, die direkt oder indirekt für die exzessive Gewaltanwendung verantwortlich seien.
Demonstranten wollten Flughafen besetzen
Bei erneuten Protesten waren zu Wochenbeginn mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Zentrum der Ausschreitungen war die am Titicacasee gelegene Stadt Juliaca in der südperuanischen Provinz Puno. Laut lokalen Medienberichten sollen die Demonstranten versucht haben, den internationalen Flughafen Inca Manco Capac zu besetzen.
Anschließend kam es zu schweren Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Solche bürgerkriegsartigen Szenen wiederholen sich seit Wochen.
Dahinter steckt die Wut über die Absetzung von Präsident Castillo.
Der hatte Anfang Dezember versucht, mit einer Auflösung des Parlaments und der Ausrufung des Ausnahmezustands eine Abstimmung über einen Misstrauensantrag gegen ihn zu verhindern. Daraufhin warfen ihm Politiker aus Regierung und Opposition einen Putschversuch vor. Nahezu das gesamte Kabinett trat zurück.
Neuwahlen im Jahr 2024
Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungsergebnisse vorgelegt, die beweisen sollten, dass Castillo mit Familienmitgliedern und Vertrauten ein Korruptionsnetzwerk betrieb. Der Kongress stimmte schließlich dem Misstrauensantrag zu und ernannte Vizepräsidenten Dina Boluarte zum neuen Staatsoberhaupt.
Sie ruft die Bürger Perus seither erfolglos zur Einheit auf. Im nächsten Jahr soll es zu Neuwahlen kommen. Die Demonstranten fordern einen Rücktritt Boluartes, sofortige Neuwahlen und eine Verfassungsreform.