Bischöfin Junkermann: "Nazi-Glocken müssen weg"

Abgeschliffen, stillgelegt oder eingeschmolzen

Debatte um die sogenannten "Nazi"-Glocken: Die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, hat sich nun gegen deren Verbleib ausgesprochen.

Bronzeglocke mit Hakenkreuz / © Uwe Anspach (dpa)
Bronzeglocke mit Hakenkreuz / © Uwe Anspach ( dpa )

"Die Glocken sind schrecklich und müssen weg", sagte die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann der "Thüringer Allgemeine" vor einem Treffen mit den betroffenen Gemeinden in Erfurt.

Kein Verständnis für unterschiedliche Meinungen

Zu dem Gespräch am Freitagnachmittag war auch der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, eingeladen. Auch er beharrt auf eine Beseitigung der Hitler-Symbole. Dass in Kirchen immer noch Glocken hingen und zum Ruhm des verbrecherischen Naziregimes und seiner Akteure läuten, sei nicht zu tolerieren, sagte er im Gespräch mit der Zeitung.

Angebote, den unsäglichen Zustand zu beseitigen, lägen auf dem Tisch. Er verstehe nicht, dass es dazu unterschiedliche Meinungen geben könne und eine Entscheidung gegen die Glocken so lange dauere, erklärte Schramm.

Staatskanzlei: "Betroffenheit ist zu respektieren"

Seit Monaten gibt es Streit über die insgesamt neun Glocken. Sechs von ihnen hängen nach EKM-Angaben in Thüringer Kirchen, drei weitere in Sachsen-Anhalt. Die Staatsanwaltschaft Erfurt hatte Ende März entschieden, in der Sache keine Ermittlungen gegen die Landesbischöfin oder die Landeskirche aufzunehmen.

Vor der Ermittlungsbehörde war bereits die Staatskanzlei intern zu dem Schluss gekommen, dass mit der Nutzung der Glocken kein Straftatbestand erfüllt wird. "Allerdings ist die Betroffenheit vor allem der Mitbürger jüdischen Glaubens deutlich zu respektieren", schrieb Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) Anfang Februar an die Jüdische Landesgemeinde. Nach Auffassung der Staatskanzlei hätten die betroffenen Kirchgemeinden kritisch zu prüfen, "wie sie verantwortlich mit diesem Teil ihrer Geschichte umgehen wollen".

Letzte Entscheidung liegt bei Kirchengemeinden

Die EKM hatte wiederholt erklärt, sehr sensibel mit dem Thema umzugehen. Die Standorte der Kirchen würden nicht öffentlich gemacht, um einen Missbrauch ausschließen zu können. Für die Entscheidung - die letztlich allein bei den Kirchengemeinden liege -, ob die Aufschriften abgeschliffen, die Glocken stillgelegt oder eingeschmolzen und neu gegossen werden sollen, bräuchten die Gemeinden Zeit.

Es gelte das Angebot der Landeskirche, sie dabei auch finanziell zu unterstützen, versprach die EKM. Auch das Thüringer Finanzministerium stellte bereits Lottomittel für die Herstellung neuer oder die Umarbeitung der historischen Glocken in Aussicht.


Quelle:
epd