Bischöfinnen in der anglikanischen Kirche und die Ökumene

"Der ökumenische Dialog wird dadurch nicht erschwert"

Die Generalsynode der Kirche von England hat für eine Zulassung von Bischöfinnen gestimmt. Was bedeutet das für die Ökumene? Dr. Burkhard Neumann vom Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn im domradio.de-Interview.

Generalsynode der anglikanischen Kirche (dpa)
Generalsynode der anglikanischen Kirche / ( dpa )

domradio.de: Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wurde gestern im englischen York zu Gunsten von Frauen im Bischofsamt entschieden. Hat Sie das überrascht?

Neumann: Nein, das hat mich nicht überrascht. Das ist eigentlich erwartet worden, weil ja schon die erste Abstimmung vor ein oder zwei Jahren weniger an der inhaltlichen Frage gescheitert ist, sondern an der Frage, wie man Regelungen schafft, um mit der Minderheit, die das ablehnt, richtig umzugehen. Darüber hinaus war es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, wenn Frauen zum Priesteramt zugelassen werden, dass sie dann eben auch das Bischofsamt ausüben können.

domradio.de: In anderen anglikanischen Kirchen sind ja Bischöfinnen schon üblich. Warum hat sich denn die Kirche von England so dagegen gesperrt?

Neumann: Ich glaube, das hängt mit der besonderen Traditionsverhaftetheit zusammen, die eben mit der Kirche von England als der "Mutterkirche" der anglikanischen Gemeinschaft zu tun hat. So erkläre ich mir das jedenfalls, dass von daher so eine gewisse traditionellere Form anglikanischen-Kirche-Seins dort gelebt und praktiziert wird. Von daher ist die Diskussion dort auch entsprechend heftig geführt worden.

domradio.de: Priesterinnen in der römisch-katholischen Kirche - das ist  eher nicht zu sehen. Wird denn der ökumenische Dialog mit der katholischen Kirche und vor allem auch mit der Ostkirche durch diese Entscheidung irgendwie erschwert?

Neumann: Der Dialog zwischen der anglikanischen Kirchengemeinschaft und der katholischen Kirche wird jetzt durch diese spezielle Entscheidung nicht erschwert, weil das Faktum von der Zulassung von Frauen zum Priesteramt und jetzt auch zum Bischofsamt in der anglikanischen Kirchengemeinschaft ja bekannt war. Von daher ist das nichts Neues. Da  die Positionen klar sind, glaube ich nicht, dass das in der Hinsicht irgendwelche negativen Folgen für das bestehende ökumenische Gespräch hat.  

domradio.de: Wenn man vielleicht ein bisschen zurückguckt: Papst Benedikt XVI. hatte eine Möglichkeit für anglikanische Geistliche geschaffen, zur römisch-katholischen Kirche überzutreten. Vor allem diejenigen, die mit liberalen Entscheidungen in der anglikanischen Kirche unzufrieden waren, haben das auch genutzt. Glauben Sie, dass durch diese Entscheidung jetzt mehr Geistliche abwandern werden?  

Neumann: Ich glaube das persönlich nicht. Es wird sicherlich ein, zwei Fälle geben, die diese Möglichkeit von Seiten der römisch-katholischen Kirche nutzen werden, aber ich glaube nicht, dass das große Massen sein werden. Es gibt ja eben innerhalb der Kirche von England auch entsprechende Regelungen für diejenigen, die die Zulassung von Frauen zum geistlichen Amt ablehnen, wie man mit ihnen bzw. den Gemeinden umgeht. Es ist ja von römisch-katholischer Seite immer sehr deutlich gesagt worden, dass jemand, der sich der katholischen Kirche anschließt, das ja nicht nur tun kann aus Ablehnung einer bestimmten Entscheidung in seiner Kirche, sondern dass es bedeutet, dass man wirklich auch die Gesamtheit der katholischen Glaubensüberzeugung annehmen muss, sich dem Papst unterstellen muss und ähnliches mehr. Das ist ja mehr als nur Ausdruck eines Protestes gegen eine Entscheidung in der eigenen Kirche. Von daher glaube ich nicht, dass das jetzt die großen Zahlen sein werden, die von der anglikanischen zur römisch-katholischen Kirche übertreten.

domradio.de: Wenn man vielleicht einen Schritt weitergeht: Bekommt Ihrer Meinung nach die Frage nach Frauen in Ämtern der katholischen Kirche durch die Entscheidung mehr Auftrieb?

Neumann: Ich denke, sie wird da noch einmal, weil man diese Entscheidung auch entsprechend wahrnehmen wird, nochmal einen neuen Antrieb bekommen. Es wird ja jetzt auch unter dem Pontifikat von Franziskus immer wieder stärker diskutiert, inwieweit man auch Frauen verstärkt in Leitungsgremien einsetzen kann, wenn man auch die Regelungen der römisch-katholischen Kirche bezüglich der Zulassung von Frauen zum Priesteramt nicht ändern will. Da glaube ich, ist unter den Möglichkeiten, die das gegenwärtige Kirchenrecht und die gegenwärtige Theologie bieten, noch nicht alles ausgeschöpft, was man ausschöpfen kann. Das wäre eine Herausforderung, der wir uns als römisch-katholische Kirche in Zukunft auch noch stärker stellen müssen.

Das Gespräch führte Friederike Seeger.


Quelle:
DR