Bischof Ackermann warnt vor Panzergeschäft mit Saudi-Arabien

"Deutsche Waffen gehören nicht in Spannungsgebiete"

Die katholische Kirche warnt die Bundesregierung vor einem Panzergeschäft mit Saudi-Arabien. "Deutsche Waffen gehören nicht in Spannungsgebiete. Sie gehören auch nicht in die Hände von Regierungen, die sich nicht verlässlich für die Menschenrechte engagieren", gibt der Trierer Bischof Ackermann zu bedenken.

 (DR)

Eine Lieferung von Leopard-II-Panzern nach Saudi-Arabien würde mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang stehen. "Sie wäre aus unserer Sicht inakzeptabel", sagte der Vorsitzende der katholischen Kommission "Justitia et Pax" mit Sitz in Bonn der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochsausgabe).



Mitverantwortung für Menschenrechtsverletzungen

Ähnlich äußerte sich die evangelische Kirche. "Wenn deutsche Leopard-Panzer exportiert und dazu eingesetzt werden, Barrikaden aus dem Weg zu räumen und Demonstrationen zu unterbinden, dann tragen wir auch die Mitverantwortung für Menschenrechtsverletzungen", sagte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, der Zeitung. Deutschland müsse seine Kriterien für wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zusammenarbeit dringend hinterfragen.



"Wir brauchen eine strengere Rüstungsexportkontrolle", forderte der Theologe. "Lieferungen an Empfängerländer in instabilen Konflikt-Regionen oder mit einer kritischen Menschenrechtssituation kann ich nicht akzeptieren", sagte Brahms. Das treffe besonders zu auf Saudi-Arabien und den gesamten Nahen Osten.



Opposition wirft Regierung Rechtsbruch vor

Auch die Opposition kritisierte die Bundesregierung wegen der Panzerlieferungen an Saudi-Arabien scharf. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warf der Regierung am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde im Bundestag Rechtsbruch vor. Der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, forderte die Regierung auf, die Liefergenehmigung zurückzunehmen. Zuvor hatten auch die Kirchen vor dem offiziell bisher nicht bestätigten Rüstungsgeschäft gewarnt.



Der "Spiegel" hatte in seiner jüngsten Ausgabe gemeldet, der Bundessicherheitsrat, dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und acht Minister angehören, habe die Lieferung von 200 modernen Leopard-Panzern an Saudi-Arabien genehmigt. Die Regierung schweigt dazu, hat die Meldung aber bisher auch nicht dementiert. Die Sitzungen und Beschlüsse des Bundessicherheitsrats sind geheim, das Parlament wird nicht beteiligt.



Trittin: An der Seite der Despotien

Trittin warf der Koalition von Union und FDP in der Aktuellen Stunde vor, sie stehe im Jahr des arabischen Frühlings "an der Seite der Despotien und nicht an der Seite der Demokratie". "Geld ist offensichtlich wichtiger als demokratische Rechte", kritisierte der Grünen-Politiker. Er verwies auch auf die Unterstützung Saudi-Arabiens bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Nachbarland Bahrain. Die Panzerlieferung schade den deutschen Interessen, unterstrich Trittin.



Der SPD-Vorsitzende Gabriel warf der Bundesregierung Rechtsbruch vor. Sie verstoße gegen die Richtlinien für Rüstungsexporte, wonach keine Waffen in Länder geliefert werden dürfen, die Menschenrechtsverletzungen begehen. Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) fehle der Mut, der Öffentlichkeit die Wende in der Außenpolitik zu erklären, sagte Gabriel. 30 Jahre lang seien keine Panzer an Saudi-Arabien geliefert worden.



Vertreter der Koalition räumten ein, dass die Menschenrechte in Saudi-Arabien nicht eingehalten werden. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner erklärte, niemand könne ernsthaft die Menschenrechtslage in dem Land schönreden. Bei der Entscheidung für die Panzerlieferung seien aber außen- und sicherheitspolitische Interessen zu berücksichtigen. Saudi-Arabien sei ein Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und ein wichtiger Verbündeter gegen die Hegemoniebestrebungen des Iran.



Wende in der deutschen Rüstungspolitik?

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, Michael Brzoska, sieht in der mutmaßlichen Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an Saudi-Arabien eine Wende in der deutschen Rüstungspolitik. "Dieser mögliche Export nach Saudi-Arabien ist eine deutliche Veränderung gegenüber dem, was früher genehmigt wurde", sagte er auf NDR Info am Mittwoch.



Bereits im Koalitionsvertrag von Union und FDP habe sich abgezeichnet, dass mehr Rüstungsexporte genehmigt werden sollen. Neben wirtschaftlichen Interessen könnten im Fall Saudi-Arabiens auch politische Interessen ausschlaggebend sein. Möglicherweise gehe es der Bundesregierung darum, den arabischen Staat zu stärken. Falls der Bundessicherheitsrat dem Verkauf der Panzer tatsächlich zugestimmt habe, wäre es aber schwierig, die Verträge rückgängig zu machen, ergänzte Brzoska. Die betroffenen Firmen könnten rechtlich auf eine Zusage pochen.