Weniger Polarisierung und mehr Zusammenhalt - dazu ruft der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz auf. In den aktuellen Debatten dürfe sich die Gesellschaft nicht gegeneinander aufwiegeln lassen, forderte Bischof Georg Bätzing am Dienstagabend in Berlin laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Bei der Suche nach Lösungen für die aktuellen politischen Probleme dürften Polarisierungen nicht weiter zunehmen.
Michaelsempfang in Berlin
Mit Blick auf die aktuelle Migrationsdebatte und die vielen Rufe nach Verschärfungen bei der Asylgesetzgebung fügte er hinzu, Kirche müsse aus dem christlichen Menschenbild heraus Position beziehen. Dazu gehöre zum Beispiel, die Not der Schutzsuchenden zu sehen und für einen rechtsstaatlichen und menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten einzutreten.
Bätzing äußerte sich beim Michaelsempfang der katholischen Kirche für Vertreter aus Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Prominentester Gast aus der Bundesregierung war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Gegen eine Liberalisierung der Abtreibung
In den Debatten über Sterbehilfe und über eine Liberalisierung der Abtreibungsregelung stehe die katholische Kirche für konsequenten Lebensschutz "am Anfang und am Ende des Lebens", so Bätzing weiter. Alle Versuche, diesen Lebensschutz abzustufen, "erfüllen uns mit Sorge", ergänzte der Bischof.
Er sehe die Komplexität dieser Themen und plädiere nicht für einfache Lösungen, aber "ich bitte sehr, den Schutzanspruch des Menschen am Anfang und am Ende seines Lebens gegenüber anderen Rechtsgütern nicht geringer zu gewichten".
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte im April Empfehlungen für eine Liberalisierung der Abtreibungsregelungen vorgelegt. SPD und Grüne haben inzwischen eigene Positionspapiere vorgelegt, die für eine solche Liberalisierung plädieren.
Klare Abgrenzung zur AfD
Der Limburger Bischof bekräftigte weiter mit Blick auf die Ergebnisse der letzten Landtagswahlen und das starke Abschneiden der AfD in Thüringen und Sachsen, dass "völkischer Nationalismus und Christentum" nicht vereinbar seien. Auch hier sei noch viel Überzeugungsarbeit notwendig, doch es lohne sich, für eine menschenwürdige Gesellschaft und eine menschengerechte Welt zu streiten.
Shevchuk spricht über die Ukraine
Über die aktuelle Situation in der Ukraine sprach der Großerzbischof von Kiew, Sviatoslav Shevchuk, der zugleich das Oberhaupt der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche ist: "Wir haben eine Aufgabe, die wir gemeinsam zu Ende bringen müssen. Hitlers und Stalins Völkermorde dürfen sich nicht wiederholen", sagte er nach einem vorab verbreiteten Redetext.
Shevchuk erinnerte an den Krieg, der bereits vor zehn Jahren mit der Annexion der Krim begonnen hatte: "Im jetzigen Stadium hat sich der Krieg in einen Marathon verwandelt, bei dem die Ukrainerinnen und Ukrainer permanent im Sprinttempo laufen müssen, um in diesem Todesrennen nicht geschlagen zu werden. Ich bitte Sie, mit uns zu laufen - schnell, standhaft und furchtlos."
Der Großerzbischof warnte zugleich vor der weiteren Zerstörung von Kirchen. "Sollte es Putin gelingen, die gesamte Ukraine zu besetzen, werden alle ukrainischen Kirchen ausradiert." Seine Kirche sei in den besetzten Teilen der Ukraine bereits verboten worden, so Shevchuk. "Fast alle unsere Pfarreien wurden zerstört, Kirchen und Klöster wurden konfisziert und deren Eigentum wurde beschlagnahmt."
Anm. d. Red.: Dieser Artikel wurde am 10.9.2024 um 18:17 Uhr aktualisiert.