Dafür ist die Fastenzeit genau der richtige Zeitpunkt, sagt der Misereor-Bischof Stephan Burger bei domradio.de.
domradio.de: Die Fastenaktion dreht sich jedes Jahr um Menschen, die unter Armut und Ungerechtigkeit leiden. Diese Länder sind oft weit weg. Wie kann man hierzulande ein Bewusstsein schaffen für die Not in der Welt?
Stephan Burger (Misereor-Bischof): Das ist gerade das Anliegen der Fastenaktion von Misereor, mit diesen Problemen an die Öffentlichkeit zu gehen. Misereor und die Partner machen das mit verschiedenen Veranstaltungen, Solidaritätsläufen, Fastenessen und der Hungertuchwallfahrt. Misereor ist es wichtig, die Öffentlichkeit zu erreichen und ein Problembewusstsein zu schaffen. Ich denke, gerade die Fastenzeit ist eine Zeit, innezuhalten, die eigenen Gewohnheiten neu zu überdenken und auch unsere Situation in Deutschland neu zu überdenken und Bezüge zu anderen Ländern herzustellen. Dass wir darüber nachdenken, wie wir selber leben und auf wessen Kosten wir leben: Ist das, wie wir leben und was wir haben, gerecht oder wie baut sich unser Wohlstand auf, bei dem, was wir in anderen Ländern erleben? Da ist es wichtig, auch auf die benachteiligten Länder zu schauen.
domradio.de: Dieses Jahr geht es um Burkina Faso in Westafrika. Welchen besonderen Schwerpunkt gibt es da?
Burger: Wenn wir die Situation der ländlichen Bevölkerung in Burkina Faso anschauen, wird deutlich: Die Einheimischen wären durchaus in der Lage, für sich Lebensmittel zu produzieren und eigenständig ihr Leben zu gestalten. Aber da kommt die gesamte wirtschaftliche Situation zum Tragen, auch seitens Europa. Mit unseren sogenannten Billigprodukten überschwemmen wir dort die Märkte und ruinieren sie. Da müssen wir das Bewusstsein schaffen, wie wir da helfen können. Es kann nicht nur darum gehen, dass wir finanzielle Mittel runterschicken und meinen, so helfen zu können. Das Anliegen von Misereor ist auch, langfristig den Leuten zu helfen und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Das heißt auch, mit dazu beitragen, dass die lokalen Märkte so aufgebaut und gestärkt werden können, dass die Bevölkerung, die Landwirte von ihren eigenen Erzeugnissen leben können.
domradio.de: Welche Folgen hat die Aktion für die Menschen vor Ort?
Burger: Für die ländliche Bevölkerung ist die Milchwirtschaft sehr wichtig, da schauen wir, wie sich die Tiere gesund ernähren können und dass sie gesund gefüttert werden. Wir helfen den Leuten, mit den Klimaveränderungen zu Recht zu kommen und sorgen dafür, dass Futter für die Kühe angebaut werden kann und dass sie Milchprodukte produzieren können, die sie dann auch wirklich auf den lokalen Märkten verkaufen können.
domradio.de: Welche Impulse kann die Fastenaktion für die Pastoral, den Gemeindealltag geben?
Burger: Zum einen geht es darum, den Nächsten nicht aus dem Blick zu verlieren und der Nächste ist nicht nur der, der hinter der nächsten Haustür wohnt, sondern der auch in anderen Ländern zu Hause ist. Da sind wir als Christen eine große Menschheitsfamilie und da stehen wir füreinander in der Verantwortung. Pastoral gesehen heißt das für uns, dass wir dieses Thema auch in unseren Messfeiern aufgreifen. Da macht auch das Hungertuch deutlich, dass es um das Miteinander geht, um dem Nächsten auf Augenhöhe zu begegnen. Wir wollen ganz konkret Aufmerksamkeit bei den Gläubigen erreichen.
domradio.de: Warum gerade in der Fastenzeit?
Burger: Weil die Fastenzeit uns deutlich macht: Wir sind nicht nur für uns selber da und wenn wir in die Heilige Schrift schauen sehen wir, dass es nicht nur darum geht, weniger zu essen, sondern Fasten nach der Bibel heißt auch, den Nächsten bewusst in den Blick zu nehmen, auf den Anderen zu schauen, wie es ihm geht und wie seine Lebenssituation ist. Zum Fasten gehört dieses Miteinander und sich dem Nächsten nicht zu entziehen.
domradio.de: Was bedeutet diese Aktion auch für Sie persönlich?
Burger: Dass ich auch versuche, Aufmerksamkeit auf diese Probleme zu lenken, dass ich mich selber ins Wort mit einbringe. Außerdem will ich auch mit meinen Mitteln und Möglichkeiten Hilfe leisten, in diesem Fall auch mit einer finanziellen Spende.
Das Gespräch führte Christoph Paul Hartmann.