Längst gehört die künstliche Befruchtung in Deutschland zum Alltag, wenn Paare auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können.
Die Befruchtung von Ei- und Samenzelle findet dann außerhalb des Mutterleibs im Reagenzglas statt. In der Regel werden der Frau dazu mehrere Eizellen entnommen.
Was aber ist, wenn die Befruchtung gleich mehrerer Eizellen gelingt, wenn also – wie es im Fachjargon heißt – Embryonen überzählig sind?
Während diese in vielen anderen Ländern zu Forschungszwecken genutzt werden, ist das in Deutschland derzeit grundsätzlich verboten.
Deutsches Gesetzt gilt vielen Kritikern als überholt
Das gilt vielen als überholt. Auf einer Tagung am Montag und Dienstag in Berlin, zu der das Bundesforschungsministerium einlädt, beschäftigen sich Forscher, Juristen und Ethiker mit möglichen Reformen der bestehenden Bestimmungen.
Wie bei der künstlichen Befruchtung zu verfahren ist, regelt in Deutschland das Embryonenschutzgesetz, das vor 32 Jahren in Kraft trat. Es soll einen Missbrauch der überzähligen Embryonen verhindern. Dazu wird auch die Forschung gezählt.
Die Gewinnung von embryonalen Stammzellen ist ebenfalls nicht erlaubt. Laut Gesetz dürfen maximal drei Eizellen befruchtet werden, die dann der Frau auch eingepflanzt werden müssen. Ziel ist, eine Selektion menschlichen Lebens auszuschließen.
Die Ampelregierung drängt auf eine Reform. Laut Koalitionsvertrag sollen medizinisch künftig andere Verfahren möglich sein, unter anderem der "elective Single Embryo Transfer", der die Auswahl des bestentwickelten Embryos aus einer Vielzahl befruchteter Eizellen ermöglicht.
Ampel-Reform soll Mehrlingsschwangerschaften vermeiden
Damit sollen eine höhere Geburtenrate entstehen und zugleich die in Deutschland vergleichsweise häufigen Mehrlingsschwangerschaften vermieden werden.
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission prüft zudem die Zulassung von Eizellspenden sowie von altruistischen, also uneigennützigen Leihmutterschaften – auch das ist in Deutschland verboten.
Grundlage für eine Reform des Embryonenschutzgesetzes könnte eine Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sein, die diese vor zwei Jahren veröffentlichte und mit der sich die Berliner Tagung befassen will.
Ebenfalls für Änderungen der geltenden Regeln plädieren die Bundesärztekammer und der Ethikrat. Befürworter einer Reform verweisen auf die internationale Forschung.
Wissenschaftlern ist die Kreation künstlicher Embryonen gelungen
In vielen Ländern seien Verfahren möglich, durch die menschliches Leben besser erforscht und Ansatzpunkte für die Heilung von Krankheiten gefunden werden könnten. Und tatsächlich überschlagen sich in jüngster Vergangenheit Meldungen über Forschungserfolge.
So ist es mehreren Wissenschaftlergruppen gelungen, künstliche Embryonen herzustellen, bei denen teilweise nicht einmal mehr Eizelle, Samenzelle und eine Befruchtung notwendig sind.
Stattdessen manipulierten Wissenschaftler menschliche Zellen im Labor, sodass diese sich zurückbildeten – zu sogenannten Stammzellen.
Aus diesen Ausgangszellen können verschiedene Zelltypen entstehen – offenbar auch zu einem Embryo in einem sehr frühen Stadium.
Viele Ethiker und Theologen mahnen Behutsamkeit bei Reformen an
Dieser könne sich aber nicht zu einem lebensfähigen Embryo weiterentwickeln, so die Forscher.
Mit der Definition eines Embryos im Embryonenschutzgesetz würde sich das nicht mehr decken.
Dort heißt es dazu, dass als Embryo die bereits befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an gilt, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzung zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag.
Während manche Naturwissenschaftler und Mediziner auf Reformen drängen, mahnen viele Ethiker und Theologen zu Behutsamkeit.
Das Gesetz müsse überprüft werden, inwieweit es noch den wissenschaftlichen Standards entspreche, räumte der katholische Bischof Gebhard Fürst ein.
DBK-Bioethik-Kommissar Fürst betont Schutzstatus von Embryonen
Er ist Vorsitzender der Unterkommission Bioethik der Bischofskonferenz. Am grundlegenden Schutzstatus des menschlichen Embryos will er aber nicht rütteln, erklärte er in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Ähnlich dürfte das der katholische Moraltheologe Antonio Autiero sehen, der auf der Tagung in Berlin spricht.
Die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx, die Münsteraner Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert und ihre Göttinger Kollegin Claudia Wiesemann werden sich bei dem Treffen mutmaßlich für mehr Freiheiten für Forschende aussprechen. Und, mit Blick auf eine Legalisierung von Eizellspenden, auch für mehr Chancen für bislang kinderlose Paare.