DOMRADIO.DE: Sie sind mit Weihbischof Udo Bentz am Wochenende vor der Synode in Rom, obwohl Sie nicht Synodale sind?
Bischof Michael Gerber (Bischof von Fulda, stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz): Ja, es gibt die Einladung von Papst Franziskus und Frère Alois, der sie noch einmal ganz besonders ausgesprochen hat, sich bei der letzten Bischofssynodalversammlung stark zu beteiligen.
Es sollen möglichst viele auch aus den anderen Kirchen kommen, um ökumenisch an einer Vigil zu Beginn der Synode auf dem Petersplatz teilzunehmen. Es besteht ganz besonders an junge Menschen die Einladung, nach Rom zu kommen, ungefähr in der Tradition, wie das sonst bei den Taizé-Silvestertreffen ist.
Weihbischof Bentz und ich haben diesen Gedanken gerne aufgegriffen und gesagt, wir gehen dahin, wir gehen nach Rom und wir nehmen jeweils auch eine größere Gruppe von jungen Menschen aus unseren beiden Bistümern mit.
DOMRADIO.DE: Herr Weihbischof Bentz, warum ist Ihnen das so wichtig?
Weihbischof Udo Bentz (Weihbischof und Generalvikar des Bistums Mainz): In der Jugendkommission hatten wir darüber gesprochen, was die Synode auch für die jungen Menschen bei uns bedeutet, wie sie wahrgenommen wird, ob die Anliegen mitgetragen werden. Das ist für mich etwas ganz Entscheidendes. Synode heißt zusammen gehen, einen gemeinsamen Weg gehen. Das sind die Synodalen, die in Rom diesen Weg gehen.
Aber Papst Franziskus hat ja diese Synode genau so verstanden, dass man auch außerhalb der Synodalversammlung, in den Zwischenzeiten, einen gemeinsamen Weg in allen Bischofskonferenzen auf allen Erdteilen geht. Ich glaube, es ist auch gut, noch mal ins Bewusstsein zu rufen, dass man einen geistlichen Weg bei dieser Synode mitgeht.
Die jungen Leute, die das unterstützen wollen, fahren dahin, das interessiert sie, das ist auch ein Zeichen, was sie setzen wollen. Sie drücken damit aus, dass es ihnen nicht egal ist, was da passiert. Vielmehr wollen die dabei sein, wollen sie es wahrnehmen.
Ich erhoffe mir auch, dass die jungen Leute das auch nach ihrer Rückkehr und in den Folgewochen in ihrem eigenen Gebet, in ihren Gesprächen, in ihrer Aufmerksamkeit wahrnehmen und aufgreifen und auf diese Weise mitgehen.
DOMRADIO.DE: Welche jungen Leute sind das?
Bentz: Junge Leute, die auch sonst in der Jugendarbeit, in der Jugendpastoral in unserem Bistum engagiert sind. Ich habe mit der Leitung unseres bischöflichen Jugendamtes gesprochen und gefragt, ob sie diese Leute ansprechen können. Es war wohl anscheinend keine Schwierigkeit, solche Leute zu finden.
Frère Alois hat den Gedanken hereingebracht. Die Gemeinschaft, die Fraternité von Taizé, geht auf eine Einheit hin. Er sagt, Synode heißt zusammen tragen, zur Einheit finden, zusammenfinden. Dieser Gedanken der Einheit, ist für mich ein sehr schönes Vorzeichen für diese Synodalversammlung, ein ökumenisches Gebetstreffen.
Die Synodalen gehen in Gesinnungs- und Einkehrtage, bevor es in die Synodenaula geht. Diesen Auftakt, dieses Vorzeichen mit Jugendlichen zu setzen, finde ich wichtig.
DOMRADIO.DE: Herr Bischof Gerber, Sie werden wieder zurückfliegen, wenn die Synode beginnt. Aber trotzdem soll und wird es auch mit den Synodalen und auch mit denen, die in Deutschland gespannt daran teilnehmen, einen Austausch geben.
Gerber: Wir haben in Rom versucht, auch Möglichkeiten der unmittelbaren Begegnung zwischen unseren jungen Leuten und Teilnehmenden an der Synode zu ermöglichen. Das war nicht so ganz einfach, weil sich die Zeitpläne der großen Veranstaltungen und auch die Ankunftstermine immer wieder überschnitten haben. Aber wir haben es geschafft, es gibt Austausch.
Es gibt also auch die Möglichkeit, dass junge Menschen Synodalen ihre Anliegen vor Beginn der Synode mitgeben können. Ich halte das für etwas sehr Wichtiges.
Das habe ich auch bei den jungen Menschen gespürt, mit denen ich zu tun hatte, dass es denen ein großes Anliegen ist, darüber in Kontakt zu kommen. Danach werden wir mit den jungen Menschen wieder zurückfliegen.
Ich habe damals in der ersten Phase ein großes Interesse bei uns im Bistum gespürt, als sich ganz viele an der Umfrage beteiligen konnten, die Papst Franziskus gestartet hat. Wir hatten über 40 Gruppen im Bistum, von der Gefängnisseelsorge, über Schulen und weitere Kreise. Und da gilt es sicherlich auch, diesen Faden wieder aufzugreifen.
DOMRADIO.DE: Junge Leute haben eine bestimmte Erwartung, haben ihr Bild von einer modernen Kirche. Wie ist das denn, wenn ihre Erwartung enttäuscht wird?
Gerber: Dass junge Leute ihre Erwartung haben, wird in den verschiedenen Formaten deutlich. Das haben wir auch bereits in Lissabon sehr deutlich gespürt. Und wir haben auch dort Formate gesucht. Ich habe mich da selber sehr stark im Pilgerzentrum beteiligt. Ob das bei einer Katechese war oder bei einem Nachmittag, den ich auch zusammen mit Jugendlichen bei einem Podium gestaltet hatte, wo es möglich war, diese Themen in Dialog zu bringen.
Ich sehe es schon auch als eine Aufgabe an, dass wir immer wieder die unmittelbare Begegnung ermöglichen, sodass junge Menschen, aber nicht nur junge Menschen, auch noch mal darstellen können: Was steckt hinter den Positionen? Welche biografischen Erfahrungen stecken dahinter?
So habe ich es mit dem Heiligen Vater besprochen. Denn das ist für mich ein wesentlicher Aspekt von sýnodos, Synodalität des gemeinsamen Gehens. Wenn ich mit einem Menschen gemeinsam unterwegs bin, dann erzählen wir uns von unseren biografischen Erfahrungen und dann kann das den Horizont nochmal für alle Beteiligten weiten. Das ist meine Hoffnung, die ich an diese synodalen Formate habe.
DOMRADIO.DE: Herr Bischof Bentz, wie gehen Sie denn damit um, wenn da zum Beispiel junge Frauen sind und sagen, dass sie sich eigentlich auch dazu berufen fühlen, Priesterin zu werden. Das ist eine Erwartung, die sich wahrscheinlich auf der Synode so nicht erfüllen wird.
Bentz: Ich gehe so damit um, wie ich bisher auch damit umgegangen bin. Ich glaube, das Entscheidende ist, im Gespräch zu sein. Wenn wir von Synode sprechen, sprechen wir immer auch von "aufeinander hören". Das ist ein ganz zentrales Wort.
Dieses Hinhören müssen die Synodalen leisten. Sie müssen aufeinander hören und wahrnehmen. Aber das Hinhören haben auch alle als Aufgabe.
Was ist das, was andere bewegt? Was ist das, was schwierig ist? Was ist das, was Hoffnung und Sehnsucht ist? Was ist das, was junge Menschen umtreibt?
Dann ist es entscheidend, das Signal zu setzen, so im Gespräch zu sein, dass junge Menschen erleben und erfahren können, dass wir unterwegs und wirklich auf einem Weg sind. Da geht es nicht sofort um Hopp oder Topp, sondern darum, sich zu bewegen und unterwegs zu sein.
DOMRADIO.DE: Herr Bischof Gerber, es gibt unterschiedliche Positionen, auch in der Bischofskonferenz. Auch unter den katholischen Gläubigen gibt es unterschiedliche Positionen, die zum Teil sehr weit voneinander entfernt sind. Da wird auch gestritten. Sie haben gesagt, Sie möchten als stellvertretender Vorsitzender ein Brückenbauer sein. Sind Sie da optimistisch? Denn manchmal scheint es einem so, gerade wenn man in soziale Medien schaut, dass die Positionen relativ unversöhnt sind.
DOMRADIO.DE: Das ist ja schon mal ein erster Ansatz. Ich sehe das wirklich auch für mich als ein Geschenk. Das ist jetzt nach dieser Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden praktisch das erste, was ich tue, diesen Weg nach Rom zu gehen.
Sie fragen nach meinem Optimismus. Im letzten ist es für mich eine spirituelle Frage. Es ist mein Einsatz gefordert. Aber es ist nicht nur einfach mein und es ist nicht einfach unser Tun, sondern es ist die Kirche des Herrn. Und das ist das, was für mich auch zum Ausdruck kommt, wenn die Synodalen sich zunächst einmal mit unzähligen Gläubigen auf der ganzen Welt im Gebet vereinen.
Sie werden nachher in der Aula miteinander ringen, werden ihre Ansicht dazulegen. Aber es hat mit der großen Eröffnung, mit dem gemeinsamen Beten um das Wirken des Heiligen Geistes seine große Klammer.
Ich glaube, dass wir gerade in der Situation als Kirche neu und existenziell herausgefordert sind zu lernen, was dieses Miteinander heißt, das Eigene hinein zu geben und zugleich ganz darauf zu vertrauen, dass es der Herr ist, der wirkt. Ich glaube, dass wir das neu lernen müssen.
Für mich ist das, was wir in diesen Jahren erleben, eine Schule, das bei allen Verletzungen und allem, was da ist, neu zu lernen.
Das Interview führte Johannes Schröer.