Bischof Ipolt fordert mehr Nächstenliebe für Flüchtlinge

"Wer ist mein Nächster?"

Die Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Ländern dürfen nach Auffassung des Görlitzer Bischofs Wolfgang Ipolt nicht nur als Arbeitskräfte willkommen sein. Der Bischof forderte den Begriff der Nächstenliebe weit zu fassen.

Wolfgang Ipolt, Bischof von Görlitz / © Julia Steinbrecht (KNA)
Wolfgang Ipolt, Bischof von Görlitz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Bei einem Neujahrsempfang des Bistums Görlitz räumte er am Samstag in der Neißestadt ein, dass Deutschland "auf Menschen angewiesen ist, die dem Fachkräftemangel abhelfen". Mit Blick auf die Geflüchteten rief er zugleich auf, "auch ihre Kultur, ihre Sprache und ihren Glauben kennenzulernen und sich dem nicht zu verschließen". So könne "eine wirkliche Freundschaft zwischen uns und den Fremden, die zu uns kommen, entstehen". Dafür wolle auch die Kirche einstehen.

Nächstenliebe als ständige Öffnung

Ipolt erklärte, vor allem der Krieg in der Ukraine mache derzeit deutlich, dass der Begriff der Nächstenliebe weit gefasst werden müsse. Es sei nicht nur der Mensch gemeint, "der uns in der Nachbarschaft oder auf der Straße begegnet". Der katholische Bischof betonte: "Die ständig wachsende Vernetzung der Welt zeigt uns: Nächstenliebe bedarf einer ständige Öffnung und einer immer größer werdenden Universalität." Sie dürfe sich nicht auf Eigeninteressen beschränken.

Mädchen in einer ukrainischen Flüchtlingsunterkunft  (KiN)
Mädchen in einer ukrainischen Flüchtlingsunterkunft / ( KiN )

"Gerade in der immer mehr verbundenen Welt wird das Bewusstsein der Einheit und des Teilens und des gemeinsamen Geschicks unter den Nationen greifbar und kann uns dazu erziehen, dass wir alle Geschwister sind, die einander annehmen und für einander sorgen", so Ipolt weiter. Er betonte, dass aus diesen Gründen das Bistum Görlitz sein Jahresmotto unter die Frage gestellt habe: "Wer ist mein Nächster?"

Bei dem Empfang für Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchen, Politik und Gesellschaft rief der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU) die Kirchen auf, die gesellschaftlichen Gruppen über "die Macht des Wortes" zusammenzuführen. Sie sollten dazu beizutragen, die Diskussionen über strittige Themen zu versachlichen.

Bistum Görlitz

Das Bistum Görlitz ist der Mitgliederzahl nach die kleinste deutsche Diözese. Auf einer Fläche von rund 9.700 Quadratkilometern im Osten Brandenburgs und Sachsens leben rund 30.000 Katholiken, das sind weniger als vier Prozent der Bevölkerung.

Durchschnittlich besuchten im Jahr 2021 trotz coronabedingter Beschränkungen rund zehn Prozent der Bistumsmitglieder den Sonntagsgottesdienst in den 16 Pfarreien. In dieser Hinsicht liegt die Diözese Görlitz seit langem an der Spitze der 27 deutschen Bistümer. Der bundesweite Durchschnitt lag 2021 bei gut vier Prozent.

Görlitzer Jakobuskathedrale / © Markus Nowak (KNA)
Görlitzer Jakobuskathedrale / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
KNA