Bischof Kohlgraf setzt sich für Gefangene im Iran ein

"Irgendwann müssen wir alle Rechenschaft ablegen"

Der Mainzer Bischof und Pax Christi-Präsident, Peter Kohlgraf, hat eine Patenschaft für zwei Gefangene aus dem Iran übernommen. Er wünscht sich mehr Öffentlichkeit für das Thema und hat eine klare Botschaft an die Verantwortlichen.

Protest gegen das Iran-Regime / © Paul Zinken (dpa)
Protest gegen das Iran-Regime / © Paul Zinken ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie setzen sich gerade mit Pax Christi für zwei junge Männer im Iran ein, die dort im Gefängnis sitzen. Wer sind die beiden und was wissen Sie über die?

Bischof Peter Kohlgraf / © Bert Bostelmann (KNA)
Bischof Peter Kohlgraf / © Bert Bostelmann ( KNA )

Bischof Peter Kohlgraf (Präsident von Pax Christi Deutschland und Bischof von Mainz): Es gibt noch viel mehr, die im Gefängnis sitzen und in völliger Rechtsunsicherheit leben. Zum Teil gibt es Berichte von Folterungen und von drohenden Hinrichtungen, einfach aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen.

Für zwei Männer habe ich jetzt mit anderen Prominenten aus Politik und Gesellschaft auch ein Stück Verantwortung mit übernommen. Einer von den beiden ist ein 17-Jähriger, der bei einer Demonstration teilgenommen hat und dann drei Tage später festgenommen wurde. Er wurde erst einmal für 25 Jahre verurteilt, muss aber auch täglich mit seiner Hinrichtung rechnen.

Der andere ist ein Arbeiter, der nicht so jung ist, aber eine Frau und zwei Kinder hat. Aus einer völligen Verzweiflungstat hat er sein Auto angezündet. Dafür soll er auch für mehrere Jahre ins Gefängnis gehen. Von seiner Frau und seinen Kindern wurde er zwangsgetrennt.

Das sind natürlich auch Prozesse, die ohne menschenrechtliche Standards durchgeführt werden. Aber es gibt keine Verteidigung, es gibt keine Anhörung von Gegenmeinungen, sondern einfach brutale Gewalt.

DOMRADIO.DE: Was heißt das genau, wenn Pax Christi die Patenschaft übernimmt, wie setzen Sie sich dann ein?

Bischof Peter Kohlgraf (Präsident von Pax Christi Deutschland und Bischof von Mainz)

"Als religiöser Mensch sehe ich nämlich auch die Verantwortung, dass wir irgendwann alle vor dem endgültigen Richter stehen und dann Rechenschaft ablegen müssen für unsere Taten – und das möchte ich auch betonen."

Kohlgraf: Ich habe als Pax Christi-Präsident erst einmal die Patenschaft übernommen. Wir setzen uns insofern ein, dass schon die Öffentlichkeit etwas bewirkt, weil ich auch nicht der Einzige bin. Auch Politikerinnen und Politiker in den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz haben ähnliche Verantwortung übernommen.

Ich glaube, dass Öffentlichkeit etwas sehr Wichtiges ist, auch im Hinblick auf die Wirkung des Gesprächs mit der Botschaft des Iran hier in Deutschland. Es muss deutlich sein, dass wir die ganze Geschichte beobachten und dass wir bei diesen Menschen sind, die dort in diesen ganz schlimmen Situationen leben.

Ich glaube, dass neben der Öffentlichkeit auch wichtig ist, den Verantwortlichen im Iran eine weitere Botschaft deutlich zu machen. Als religiöser Mensch sehe ich nämlich auch die Verantwortung, dass wir irgendwann alle vor dem endgültigen Richter stehen und dann Rechenschaft für unsere Taten ablegen müssen. Das möchte ich auch betonen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie denn den Eindruck, dass solche Aktionen im Iran oder auch hier bei uns schon etwas bewegen?

Kohlgraf: Wir können es nur hoffen. Das ist ja auch erst mal eine neue Aktion. Aber jetzt gar nichts zu tun, kann es auch nicht sein. Ich habe von dieser Aktion der Malteser und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in der Zeitung gelesen und dann gesagt, ich werde mich als Bischof an dieser Aktion beteiligen.

Ich hoffe auch für die Familien der Betroffenen, dass es eine weltweit öffentliche Wahrnehmung geben wird. Abgesehen davon gibt es mehr als diese zwei Männer, von denen ich jetzt berichtet habe. Wir reden über Hunderte von Menschen, die jetzt in Gefängnissen sitzen.

DOMRADIO.DE: Wie stehen Sie als Präsident einer internationalen katholischen Friedensorganisation denn eiogentlich zu der Frage zu den Waffenlieferungen in die Ukraine?

Kohlgraf: Die pazifistische Bewegung von Pax Christi ist ein wenig in Bewegung geraten. Es gibt auch innerhalb von Pax Christi verschiedene Meinungen. Ich als Präsident glaube einerseits, dass ein Volk, das vor der Auslöschung steht, das Recht hat, sich zu verteidigen.

Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist – und da sehe ich auch den Sinn einer Friedensbewegung – auch Perspektiven zu entwickeln, die über die Zeit des Krieges hinausgehen. Das heißt, dass wir auch die Hoffnung auf eine Friedensvision, auf eine friedliche Welt nicht aufgeben.

DOMRADIO.DE: Stichwort Hoffnung vor Weihnachten: Haben Sie die Hoffnung, dass sich die Situation in der Ukraine entspannen könnte?

Kohlgraf: Nach allem, was ich derzeit in den Medien wahrnehme, glaube ich das nicht. Es eskaliert ja weiter, dass im Grunde durch Zerstörung der zivilen Infrastruktur durch Russland eigentlich die Gesellschaft auch zermürbt werden soll. Mit Hunger, Kälte und all den Fragen, die dort jetzt anstehen, ist das eine ganz schwierige Situation. Ich sehe keine Entspannung.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Bischof Kohlgraf übernimmt Patenschaft für Gefangene im Iran

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf zeigt sich solidarisch mit Protestierenden im Iran und übernimmt eine politische Patenschaft für zwei Gefangene. Kohlgraf setze sich dafür ein, dass Arian Farzamnia und Reza Nowrozi aus dem Gefängnis entlassen werden, teilte das Bistum am Mittwoch mit. Kohlgraf sagte, das Schicksal der beiden Männer gehe ihm sehr nahe. Er werde an die iranische Botschaft schreiben und öffentlich ihre Freilassung fordern.

Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz / © Bert Bostelmann (KNA)
Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz / © Bert Bostelmann ( KNA )
Quelle:
DR