Bischof Meier betont Wichtigkeit des interreligiösen Dialogs

Wesensteil der Kirche

50 Jahre interreligiöser Dialog, dieses besondere Jubiläum begeht der Fachbereich Dialog des Erzbistums Köln. Der Augsburger Bischof Bertram Meier gratuliert stellvertretend für die Bischofskonferenz bei der Jubiläumsfeier.

Bischof Bertram Meier / © Dieter Mayr (KNA)
Bischof Bertram Meier / © Dieter Mayr ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welchen Stellenwert hat der interreligiöse Dialog für die katholische Kirche? 

Dr. Bertram Meier (Bischof des Bistums Augsburg): Der interreligiöse Dialog gehört zu den wesentlichen Grundaufträgen der katholischen Kirche. Denn der Ursprung dieses interreligiösen Dialogs liegt in der Enzyklika Ecclesiam Suam, dem Regierungsprogramm von Papst Paul VI. mitten im Zweiten Vatikanischen Konzil. Hier wird die Kirche als Dialoggemeinschaft beschrieben. Sie führt Dialoge in konzentrischen Kreisen. 

Da ist der innerkirchliche Dialog, der ökumenische Dialog und natürlich auch der interreligiöse Dialog sowie der Dialog mit allen Menschen guten Willens. Ich denke, es ist ein zukunftsträchtiges Thema. Die Kirche als Dialoggemeinschaft wendet nicht nur die Methode des Dialogs an, sondern es gehört zu ihrem Wesenszug. Warum? Weil sich Jesus Christus selbst nach der Überzeugung der Christinnen und Christen zum Dialog zwischen Gott und Mensch gemacht hat.

DOMRADIO.DE: Viele instrumentalisieren Religionen für ihre Zwecke, um Kriege zu führen und Gewalt auszuüben, um gegen andere Religionen aufzuhetzen. Was ist Ihre Botschaft an diejenigen, die Religion instrumentalisieren? 

Bertram Meier

"Wer Religion instrumentalisiert, der instrumentalisiert letztendlich Gott selber, Gott höchstpersönlich für die eigenen Zwecke."

Meier: Es ist ganz wichtig, immer wieder zu sagen, wer Religion instrumentalisiert, der instrumentalisiert letztendlich Gott selber, Gott höchstpersönlich für die eigenen Zwecke. Da kann ich nur sagen, auch bei einer multireligiösen Feier, wie wir sie jetzt beim Jubiläum erlebt haben, geht es immer wieder um Frieden, um Gemeinschaft.

50. Jubiläum Interreligiöser Dialog im Erzbistum Köln / © Johannes Schröer (DR)
50. Jubiläum Interreligiöser Dialog im Erzbistum Köln / © Johannes Schröer ( DR )

Ohne Dialog ist vieles verloren. Aber mit Dialog können wir auch Gemeinschaft und Frieden stiften. Das sind Worte, die in verschiedenen Modulationen unser Papst Franziskus immer wieder betont. Im Namen Gottes Kriege zu führen, das widerspricht jeglicher redlichen Religion. 

DOMRADIO.DE: Wenn wir in die Vergangenheit der katholischen Kirche blicken, hat es auch schon Islamophobie und Antijudaismus gegeben. Was hat die katholische Kirche daraus gelernt? 

Meier: Ich denke, dass wir daraus gelernt haben, dass wir auf der einen Seite zu unserem christlichen Kern stehen und dazu gehört auch die Inkarnation: Gott wird Mensch. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, denke ich, wo wir auch theologisch weit auseinander sind. 

Bertram Meier

"Das heißt nicht Relativismus der eigenen Position, aber dass wir auch die Glieder anderer Religionen akzeptieren und respektieren für ihren Weg zu Gott, und dass wir ihnen da auch mit Ehrfurcht, mit Respekt begegnen."

Aber auf der anderen Seite bedeutet es auch, das sagt auch Papst Benedikt, das sagt Papst Franziskus, dass es viele Wege zu Gott gibt. Das heißt nicht Relativismus der eigenen Position, aber dass wir auch die Glieder anderer Religionen akzeptieren und respektieren für ihren Weg zu Gott, und dass wir ihnen da auch mit Ehrfurcht, mit Respekt begegnen. 

Allerdings, und das möchte ich jetzt nicht verhehlen, wir Christen sind immer wieder in Gefahr, dass wir wegkippen. Etwa was Antijudaismus angeht, ich würde auch antisemitische Tendenzen nennen. Dann das ganze Thema über die Verhältnisbestimmung zu Mitgliedern des Islams. 

Auf dem Sockel einer Stele sind die Symbole der Weltreligionen angebracht(v.l.n.r.): Davidstern, Mondsichel mit Stern, Kreuz, das Rad der Lehre und das indische Wort Om. / © Harald Oppitz (KNA)
Auf dem Sockel einer Stele sind die Symbole der Weltreligionen angebracht(v.l.n.r.): Davidstern, Mondsichel mit Stern, Kreuz, das Rad der Lehre und das indische Wort Om. / © Harald Oppitz ( KNA )

Auch gerade die Migrationsdebatte geht in diese Richtung, wo wir eine Vermischung von Religion und Politik haben, bis hinein in gesellschaftspolitische Fragestellungen. Ich glaube, wir müssen sehr sensibel und differenziert mit all diesen Fragen umgehen, wie ich es vorher auch zu erläutern versucht habe. 

DOMRADIO.DE: Wir leben in krisengeschüttelten Zeiten, auch global gesehen. Welche Bedeutung kann da Religion und die katholische Kirche haben? 

Meier: Die Religionen haben die Aufgabe, Menschen zueinander zu bringen, indem sie - wie das lateinische Wort, von dem sich "religio" ableitet, auch schon sagt - sich an ein höheres Wesen binden. Ich denke, wenn wir das ernsthaft tun, rücken wir automatisch näher zusammen. 

Die katholische Kirche kann Brücken bauen. Erstens sind wir global präsent. Ich wünsche mir für den interreligiösen Dialog, auch für den Friedensdienst, dass wir neben der globalen Präsenz, auch Stärke vor Ort zeigen. Das zweite ist, - ich war selber etliche Jahre in Rom, habe im Vatikan arbeiten dürfen - wir haben als katholische Kirche ein großes Netzwerk, gerade in der vatikanischen Diplomatie mit den vielen Nuntiaturen, mit den Botschaften in der ganzen Welt. 

Bertram Meier

"Offene Gespräche sind oft das Gegenteil von öffentlichen Gesprächen."

Das ist ein großer Areopag, eine Plattform nicht nur für Informationen, sondern auch für Vermittlung; allerdings nicht vor laufenden Kameras, sondern wie es gute Diplomatie macht, auch im Gespräch untereinander, im Hintergrund. 

DOMRADIO.DE: Man muss immer vorsichtig sein. Das erleben wir jetzt im Ukraine-Krieg, weil alles sofort auch fehlinterpretiert werden könnte. 

Meier: Deshalb habe ich gesagt, die meisten Dinge geschehen im Hintergrund, auch wenn der Heilige Stuhl agiert. Da kann ich auch noch mal ein Motto von mir selber nennen: offene Gespräche sind oft das Gegenteil von öffentlichen Gesprächen.

Das Interview führte Johannes Schröer. 

Quelle:
DR