Papst Franziskus besucht multireligiöses Singapur

Studenten, Freidenker und ein Buddhist

Der Papst trifft im multireligiösen Singapur auf die unterschiedlichsten Menschen. Unter anderem besucht er die Nationale Universität von Singapur, sein Besuch löst aber nicht nur positives Echo bei den Menschen aus.

Autor/in:
Michael Lenz
Menschen beten bei einer Messe mit Papst Franziskus in Singapur. / © Lola Gomez/CNS photo/KNA (KNA)
Menschen beten bei einer Messe mit Papst Franziskus in Singapur. / © Lola Gomez/CNS photo/KNA ( KNA )

Andres Neo ist beeindruckt von Papst Franziskus. "Mir hat besonders gefallen, dass er sich für die Schwächeren der Gesellschaft und die Rechte der Migrantenarbeiter eingesetzt hat", sagt Neo. Der 23-jährige Student der Umwelttechnik an der Nationalen Universität von Singapur (NUS), der Buddhist ist, war einer der Studierenden, der die Rede des Papstes im Kulturzentrum der NUS live erleben durfte. Das im reichen Singapur hochgehaltene Leistungsprinzip habe dem Land Wohlstand gebracht, findet Neo. Aber gleichzeitig seien viele von den Früchten des Fortschritts ausgeschlossen worden.

Papst Franziskus und Tharman Shanmugaratnam, Präsident von Singapur, beim Treffen mit Vertretern von Regierung, Zivilgesellschaft und Diplomatischem Korps im Theater des Kulturzentrums der Nationalen Universität von Singapur / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Tharman Shanmugaratnam, Präsident von Singapur, beim Treffen mit Vertretern von Regierung, Zivilgesellschaft und Diplomatischem Korps im Theater des Kulturzentrums der Nationalen Universität von Singapur / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Auch Clare Teo war bei der Papstrede dabei. Mit Religion habe sie nichts zu tun. "Ich bin eine Freidenkerin. Aber ich war an einer katholischen Schule", berichtet die 22-Jährige, die ebenfalls Umwelttechnik studiert. "Wenn ich einen Punkt aus der Papstrede herausgreifen sollte, der mir wichtig ist, dann waren es seine Aussagen zum Klimawandel. Der Papst ist eine wichtige moralische Instanz", sagt sie.

Einmal das katholische Kirchenoberhaupt sehen

Der NUS-Student Andrik Fernandes hatte nicht das Glück, Franziskus im Kulturzentrum zu erleben. Er steht stattdessen mit ein paar Freunden am Straßenrand in der Hoffnung, einen Blick auf den vorbeifahrenden Papst zu erhaschen. Fernandes ist praktizierender Katholik aus Hongkong. "Ich gehe regelmäßig zur Messe und spiele in den Gottesdiensten Gitarre", erzählt der 20-jährige Student, dessen Vorfahren portugiesische Einwanderer waren. Portugal waren die erste europäische Kolonialmacht, die nach Asien kam. "Den Papst habe ich schonmal in Rom gesehen", sagt Fernandes.

Unter den Schaulustigen ist auch der Singapurer Kay Sie. "Ich bin Protestant und auch in meiner Gemeinde aktiv", sagt Sie. Dem Papst könne er allerdings nicht viel abgewinnen. "Der ist für mich einfach nur ein Promi", sagt Sie lachend.

Papstbesuch bringt Singapur noch mehr Staus

Der Taxifahrer auf dem Rückweg von der NUS in die Stadt erweist sich als redselig. How Kok Weng heißt er und schimpft auf die Staus. "Alles nur wegen des Papstes. Ich finde es nicht richtig, dass Straßen für ihn gesperrt werden. Wenn andere Führer von Religionen nach Singapur kommen, wird nicht ein solcher Aufwand betrieben", kritisiert How Kok Weng.

Er bezeichnet sich als Freidenker. Religionen im Allgemeinen und das Christentum im Besonderen sind ihm suspekt. Seine Ablehnung der Kirche erklärt der aus einer buddhistischen Familie stammende Mittfünfziger mit einem Erlebnis aus der Kindheit. "In der Nähe meines Elternhauses war eine Kirche, und ich konnte die Christen immer singen hören. Ich war vielleicht sechs Jahre alt, als ich mir das näher anschauen wollte. Die Christen versperrten mir aber den Zugang zur Kirche", erinnert er sich immer noch aufgebracht an das Ereignis aus seiner Kindheit.

Tischler erlebt Papstbesuch

Weitaus mehr kann indes Buddhist Govindharaj dem Papstbesuch abgewinnen. Auch er gehörte zu den geladenen Gästen in der NUS, aber nicht als Studierender. Im Vorfeld hatte der Schreiner die Stühle, die bei verschiedenen Veranstaltungen in Singapur zum Einsatz kommen, hergestellt, heißt es in einer Mitteilung des Informationsministeriums. Anfangs war er nicht sicher, ob er den Auftrag überhaupt annehmen sollte. Beim Grübeln darüber habe er dann aber zu seinem Glauben zurückgefunden, denn die Tischlerarbeit sei eine Möglichkeit, verschiedene Gemeinschaften miteinander zu verbinden, wird er zitiert.

Quelle:
KNA