Bischof Müller unterstützt die Reiterprozession in Kötzting

Pfingstritt ist Männersache

Seit 600 Jahren steht Kötzting an Pfingsten im Zeichen einer außergewöhnlichen Reiterwallfahrt. In den vergangenen Jahren hat der von Pferdeliebhabern und Brauchtumspflegern geprägte Pfingstritt wieder einen deutlich religiösen Charakter gewonnen. Das liegt in erster Linie am Engagement von Diözesanbischof Gerhard Ludwig Müller.

 (DR)

Montag wird ein großer Tag für Bernd Huber. Der Installateurmeister fungiert in diesem Jahr als "Pfingstbräutigam" - das wichtigste Amt, das man als junger Mann in Bad Kötzting ausüben kann. Der oberpfälzische Kurort begeht am kommenden Montag ein stolzes Jubiläum: Vor 600 Jahren soll hier erstmals ein Pfingstritt stattgefunden haben. Heute lockt die Reiterwallfahrt mit zugehörigem Volksfest jedes Jahr Zehntausende in den Bayerischen Wald.



Die Organisatoren rechnen mit gut 900 Reitern, die am Montag auf ihren prächtig geschmückten Pferden von Kötzting zur wenige Kilometer entfernten Wallfahrtskirche in Steinbühl ziehen werden. Der Ritt geht auf eine Anekdote aus dem Jahr 1412 zurück. Der Gemeindepfarrer war der Legende nach zu einem Sterbenden in den Nachbarort gerufen, um die Sakramente zu spenden. Weil sich der geistliche Herr den Weg durch den unwegsamen Bayerwald aber nicht alleine zutraute, begleitete ihn eine Schar Burschen aus dem Ort. Nach ihrer glücklichen Heimkehr sollen sie gelobt haben, den Ritt jedes Jahr zu wiederholen. Wie seit 600 Jahren gilt bis heute: Der Pfingstritt ist Männersache, Frauen müssen zuschauen.



Bischof Müller erklärte 2004 Pfingstritt zur Eucharistischen Prozession

In den vergangenen Jahren hat der von Pferdeliebhabern und Brauchtumspflegern geprägte Pfingstritt wieder einen deutlich religiösen Charakter gewonnen. Das liegt in erster Linie am Engagement von Diözesanbischof Gerhard Ludwig Müller. Dem Regensburger Oberhirten ist das Ereignis ein besonderes Anliegen. 2004 erklärte er den Pfingstritt per Dekret zur Eucharistischen Prozession. Das bedeutet, dass die Reiter eine Monstranz mit dem Allerheiligsten mitführen dürfen. "Es ging mir darum, das Gleichgewicht von kirchlicher und weltlicher Feier klarzumachen", erklärte er im dapd-Gespräch. Denn bei solchen Festen bestehe die Gefahr, dass sie zu einem bloßen Jahrmarktgetöse abgleiten.



Bischof Müller unterstützt die Kötztinger aber auch aktiv: er ist erste Diözesanbischof überhaupt, der beim Pfingstritt jedes Jahr persönlich aufs Pferd steigt und die sieben Kilometer nach Steinbühl im Sattel zurücklegt. Um bei der Prozession eine gute Figur zu machen, hat Müller sich auch aktiv vorbereitet. "Ein bisschen habe ich schon geübt, vielleicht mal eine Stunde oder so", verriet er. Denn große Reiterfahrung habe er nicht. "Es ist auch weniger ein Kunstreiten, sondern mehr ein Sich-gut-auf-dem-Pferd-halten", scherzte der Bischof.



"Pfingstbräutigam" Bernd Huber wird die Reiterprozession am Montag anführen. Der 23-Jährige war in den vergangenen Jahren als Vorstand des örtlichen Burschen- und Wanderervereins von 1840 für die Organisation der Pfingstfeierlichkeiten zuständig. Das Ehrenamt, für das ihn in diesem Jahr Pfarrer und Bürgermeister auserkoren haben, geht dabei weit über das Pfingstwochenende hinaus. Gemeinsam mit seiner "Pfingstbraut", der 18-jährigen Evi Kolbeck, wird Huber die Stadt Kötzting im kommenden Jahr bei vielen offiziellen Anlässen und Festen repräsentieren. Im echten Leben sind die beiden aber kein Paar.



Premiere für den Pfarrer

Eine Premiere erlebt in diesem Jahr der Kötztinger Pfarrer Herbert Mader. Der 43-jährige Geistliche hat erst im vergangenen September sein Amt in Kötzting angetreten, den Pfingstritt erlebt er in diesem Jahr zum ersten Mal in seinem Leben: "Ich bin hier ein Newcomer."



Nicht ohne Stolz übernimmt er die Verantwortung für eine der größten Bittprozessionen ihrer Art in Europa. Auch Mader ist wichtig, dass der religiöse Charakter im Vordergrund steht. "Darauf lege ich Wert. Der Pfingstritt ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gemeinde."



Kötztings Kurdirektor Sepp Barth rechnet mit bis zu 40.000 Pferdeliebhabern, Schaulustigen und Gläubigen, die am Pfingstmontag in die Kurstadt kommen werden, um die Jubiläumsprozession mitzuerleben. Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Gattin wollen sich den Jubiläumsritt nicht entgehen lassen.



Aber selbst für den Tourismusfachmann Barth zählen am Montag weniger das Geschäftliche und die öffentliche Aufmerksamkeit für den Kurort. "Das ist Heimat. Das Pfingstfest gibt uns Menschen in Kötzting unsere Identität", sagt der Kurdirektor. "Andere Menschen fahren an Weihnachten nach Hause zur Familie. Wer aus Kötzting stammt, der kommt an Pfingsten heim, um hier mit uns zu feiern."