Bischof Oster will queeren Kirchenmitarbeitern Angst nehmen

"Dann kann niemand sagen: ,Ich sag's dem Bischof.'"

Der Passauer Bischof Stefan Oster hat eine Gesprächseinladung an alle Beschäftigten in seiner Diözese ausgesprochen, die in kirchenrechtlich irregulären Beziehungen leben und deshalb um ihren Job bangen.

Bischof Stefan Oster / © Maria Irl (KNA)
Bischof Stefan Oster / © Maria Irl ( KNA )

Der Passauer Bischof Stefan Oster hat eine Gesprächseinladung an alle Beschäftigten in seiner Diözese ausgesprochen, die in kirchenrechtlich irregulären Beziehungen leben und deshalb um ihren Job bangen. Er wolle mit ihnen gemeinsam einen Weg suchen, "wie sie angstfrei in unserem Bistum leben und arbeiten können", heißt es in einer nicht veröffentlichten Videobotschaft, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt.

Sie wurde nach Angaben der Bischöflichen Pressesprecherin vergangene Woche an alle Mitarbeitenden im Bistum und beim Diözesan-Caritasverband per Mail verschickt. Zuerst berichtete die "Passauer Neue Presse" darüber.

Keine "Kultur der Angst"

In dem etwa dreiminütigen Video zeigt sich der Passauer Bischof sehr bewegt von der Aktion "Out in Church" und der ARD-Dokumentation "Wie Gott uns schuf". Darin gaben sich im Januar 125 Kirchenmitarbeitende öffentlich als queer - also als Teil einer sexuellen Minderheit - zu erkennen. Seitdem mehren sich die Stimmen, die für eine Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts werben. Auch im Rahmen des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg wurde der Ruf nach Veränderungen lauter.

Der Passauer Bischof betonte, er wolle keine Denunziationen und auch keine "Kultur der Angst" in der Kirche. Sicher gebe es Menschen im Bistum, die in Angst lebten, weil sie gegen Loyalitätspflichten verstoßen hätten, die mit ihrem kirchlichen Arbeitsverhältnis verbunden seien. "Ich denke an alle, die sich queer empfinden, auch an homosexuelle Priester, die es sicher auch gibt, an Menschen, die verheiratet sind und in einer neuen Partnerschaft leben", so Oster. 

Kirchliches Arbeitsrecht

Die arbeitsrechtlichen Bedingungen für die weit über eine Million Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchen und ihrer
Wohlfahrtsverbände unterscheiden sich erheblich von den für andere Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen. Grundlage dafür ist das Grundgesetz, das den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein weitgehendes Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht einräumt.

Kirchliches Arbeitsrecht / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Kirchliches Arbeitsrecht / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Kompromisse gibt es schon

Die Betroffenen wüssten, dass er versuche, treu zur Lehre der Kirche zu stehen, fügte er hinzu. Aber sie wüssten auch, dass das kirchliche Arbeitsrecht in Passau schon lange nicht mehr buchstäblich ausgelegt und dass nach Kompromissen gesucht werde. Nach seinem Wissen habe es in seiner achtjährigen Amtszeit im Bistum aus diesem Grund keine Kündigungen gegeben.

Seinen Wunsch nach einem persönlichen Gespräch begründete Oster wie folgt: "Dann kann niemand Ihnen sagen: Ich sag's aber dem Bischof." Zugleich äußerte der Bischof Verständnis dafür, sollte einem Betroffenen dieser "direkte Zugang zu mir zu steil" sein. In diesem Fall böten sich die Ehe-Familie-und Lebensberatungsstellen im Bistum für einen diskreten Kontakt an. "Ich möchte, dass Sie gehört werden, dass verstanden wird, wie es Ihnen geht."

Schreiben von elf Generalvikaren

Am Montag hatten elf Generalvikare, also Verwaltungschefs katholischer Bistümer, einen sofortigen Verzicht auf arbeitsrechtliche Konsequenzen für queere und wiederverheiratete Mitarbeitende gefordert. Die Bistümer Osnabrück und Essen kündigten an, dass die sexuelle Orientierung oder das Beziehungsleben ihrer Mitarbeitenden kein Kündigungsgrund mehr sein soll. Eine erste Garantieerklärung dieser Art hatte vergangene Woche der Würzburger Bischof Franz Jung abgegeben. Eine entsprechende Überarbeitung des kirchlichen Arbeitsrechts wurde für den Sommer in Aussicht gestellt.

Quelle:
KNA