Der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer zeigt sich in einem Interview tief berührt vom plötzlichen Tod der Rosenstolz-Sängerin Anna R. "Ich sehe Parallelen zwischen ihrem Schicksal und dem Tod Jesu, an den wir in der Karwoche erinnern: die Einsamkeit, die Fragen nach dem Warum, das Fehlen eines Abschieds", sagte Wilmer der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Anna R. war am 16. März tot in ihrer Wohnung gefunden worden. Die in Ost-Berlin geborene Sängerin starb im Alter von 55 Jahren. Gemeinsam mit Peter Plate bildete sie die Band Rosenstolz, eines der in Deutschland erfolgreichsten Pop-Duos der vergangenen Jahrzehnte.
Wilmer erkennt in Songs Hoffnung
Anna R. stand nach Ansicht von Wilmer für Resilienz und Feingefühl. "Rosenstolz hat Themen wie Homophobie und Frauenfeindlichkeit angesprochen und mit ihrer Musik unzählige Menschen tief bewegt." Lieder wie "Wir sind am Leben" oder "Die Suche geht weiter" spiegelten Sehnsüchte und Hoffnungen wider, die auch im christlichen Glauben zentral seien und die an Ostern gefeiert würden.
Auf die Frage, ob die Kirche etwas von Rosenstolz lernen könne, antwortete Wilmer: "Wir machen Tag für Tag viele Dinge, die Rosenstolz in ihren Songs thematisiert." Die Kirche höre den Menschen zu, auch den leisen Tönen. "Seelsorgerinnen und Seelsorger bieten Raum für das Unsagbare - in Krankenhäusern, Altenheimen, Gefängnissen oder Gemeinden."
Parallelen zu kirchlichem Internet-Star
Nach Auffassung von Wilmer gelingt es der Kirche durchaus auch, die Massen zu erreichen. Als Beispiel nannte er den "Cyber-Apostel" Carlo Acutis. Der junge Italiener starb 2006 mit 15 Jahren an Leukämie und soll nach Willen von Papst Franziskus am 27. April heiliggesprochen werden. "Er betete und nutzte digitale Medien, um seinen Glauben zu verbreiten", so Wilmer. Er werde weltweit als Vorbild gesehen. "Was für ein Trost für Jugendliche, wenn sie sich an diesem jungen Mann orientieren können." Acutis schaue in eine ähnliche Richtung wie Rosenstolz, aber stärker aus dem Glauben heraus.