"Wir denken an Deutschland, vielleicht noch an Europa", kritisierte der Bischof in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aber Deutschland und Europa könnten sich nicht allein retten. "Wir können die Pandemie erst dann besiegen, wenn wir uns als Menschheitsfamilie begreifen und auch die Menschen im globalen Süden in den Blick nehmen", sagte Wilmer.
Es zeuge von "perversen Strukturen", wenn Menschen in Afrika für Medikamente mehr bezahlen müssten als in Europa: "Das ist Neokolonialismus der übelsten Art."
Wilmer forderte, die Kolonialgeschichte den Bürgern stärker ins Bewusstsein zu bringen, um Geschichtsvergessenheit etwas entgegenzusetzen. Covid-19 sei nur ein Beispiel dafür, dass die Industrienationen "schon wieder mit ausbeuterischen Strukturen kolonial unterwegs" seien, sagte der Bischof, der auch Vorsitzender der bischöflichen Kommission "Justitia et Pax" (Gerechtigkeit und Frieden) ist. Er setze sich etwa dafür ein, in Berlin ein Mahnmal zu errichten für die Kongokonferenz von 1884/85, auf der die Grundlage für die Aufteilung Afrikas in Kolonien gelegt wurde. Den Ausgebeuteten und denjenigen, die bis heute unter der Kolonialzeit litten, müsse mehr Geltung verschafft werden.