Bistümer rechnen mittelfristig mit schlechteren Zeiten

Kirchensteuern sprudeln weiter

Seit Jahren melden die Kirchen in Deutschland hohe Austrittszahlen. Trotzdem sprudeln zu gleicher Zeit die Kirchensteuern und kennen nur eine Richtung - weiter nach oben. Doch der Geldsegen führt nicht zu Euphorie.

Autor/in:
Christoph Arens
Kirchensteuer (dpa)
Kirchensteuer / ( dpa )

Die katholische Kirche nahm 2016 die Rekordsumme von 6,146 Milliarden Euro an Kirchensteuern ein. Die Evangelische Kirche erzielte mit 5,454 Milliarden einen neuen Höchststand. Die Kirchenaustritte gingen zwar deutlich zurück, verharrten aber mit 162.093 für die katholische und 190.000 für die evangelische Kirche auf hohem Niveau. Das sind Ergebnisse aus den am Freitag in Bonn und Hannover veröffentlichten Statistiken für 2016. 

Doch wie lässt sich die scheinbar gegenläufige Entwicklung von Austritten und Finanzen erklären? Noch zu Beginn des Jahrtausends standen Diözesen wie Aachen oder Berlin vor einem finanziellen Kollaps. Heute sind die Haushalte in der Regel ausgeglichen.

Steigende Einnahmen hängen mit positiver Konjuktur zusammen

Die steigenden Einnahmen sind vor allem auf die gut laufende Konjunktur zurückzuführen. Die Kirchensteuer ist an die Lohn- und Einkommensteuer gekoppelt. Acht, beziehungsweise neun Prozent dieses Steueraufkommens müssen katholische und evangelische Christen an ihre jeweilige Kirche zahlen. Von der derzeit hohen Beschäftigungsquote und den relativ guten Einkommen profitieren nicht nur die Renten- und Krankenkassen, sondern auch die Kirchen; die Austritte machen sich dagegen nur begrenzt bemerkbar.

Die Wirtschaftszahlen verheißen auch weiter gute Aussichten - und sorgen zumindest vorerst für Erleichterung bei den Kirchen. Denn schon seit Jahren werden sinkende Einnahmen prognostiziert und Sparkonzepte entwickelt. So richtig trauen die Verantwortlichen bei EKD und Bischofskonferenz, bei Landeskirchen und Bistümern dem Geldsegen nicht. Die derzeit sprudelnde Kirchensteuer verdecke, was demnächst auf die Kirchen zukomme, warnt etwa der Essener katholische Generalvikar Klaus Pfeffer und mahnt unverminderte Sparanstrengungen an.

Die fetten Jahre werden zu Ende gehen

Mehrere Entwicklungen könnten dazu beitragen, dass die fetten Jahre zu Ende gehen: Dass auf einen Aufschwung der nächste Abschwung folgt, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Außerdem wird sich der demografische Wandel verstärkt bemerkbar machen. Weniger Taufen, mehr Beerdigungen: Schon heute verlieren die Kirchen auf beiden Seiten der Alterspyramide an Mitgliedern. Wenn in zehn Jahren die Babyboomer in den Ruhestand gehen, wird die Geldquelle weit spärlicher fließen, denn Rentner zahlen weniger Kirchensteuer. Und unter den Babyboomern sind besonders viele Kirchenmitglieder.

Viele Bistümer und Landeskirchen haben trotz wachsender Einnahmen schon in den vergangenen Jahren den Rotstift eingesetzt. Höhere Personalkosten, wachsende Lasten für Pensionsrückstellungen und weitere Kostensteigerungen sorgten schon jetzt dafür, dass die Ausgaben konsolidiert werden müssten, hieß es von Hamburg bis München. Kritiker merkten aber auch an, dass es weiterhin einige Bistümer gebe, in deren Verwaltungsapparat von Sparbemühungen noch wenig zu sehen sei.

Trendumkehr im nächsten Jahrzehnt erwartet

Finanzexperten erwarten eine Trendumkehr spätestens im nächsten Jahrzehnt. Das Bistum Münster, nach Mitgliedern das drittgrößte im Land, rechnet innerhalb der nächsten 20 Jahre mit einem Kirchensteuerrückgang von mehr als 30 Prozent. In 15 Jahren erwartet das Erzbistum Köln nach den aktuellen Prognosen "nur" noch rund 490 Millionen Euro Kirchensteuern. Unter günstigen Voraussetzungen könnten es immerhin noch 572 Millionen Euro sein. 2015 waren es 627,6 Millionen, die Zahlen für 2016 dürften noch höher sein.

Das unerwartet anhaltende Hoch bei den Kirchensteuern soll einen sanfteren Schrumpfungsprozess ermöglichen. Die verbleibende Zeit solle genutzt werden, den "Einsatz von Ressourcen in allen Bereichen zu überprüfen und insbesondere auch Aufgabenstellungen kritisch zu hinterfragen", hieß es etwa im Finanzbericht des Bistums Münster.

Diskutiert wird dabei auch, wie sich die Bedeutung des Glaubens in der Gesellschaft erhöhen lässt. Papst Benedikt XVI., aber auch Papst Franziskus hatten in der Vergangenheit kritisiert, dass die Kirche in Deutschland zwar über einen gut ausgestatteten Apparat verfüge, jedoch an Strahlkraft vermissen lasse.


Quelle:
KNA