Es ist eine Aufgabe, die im einen Moment Freude bringt und im anderen Trauer. Freude zum Beispiel in dieser Situation: "Ich habe mal ein Wiedersehen für zwei alte Pfarrer organisiert, die beide schon weit über 80 waren", erzählt Schwester Esther Mayr. "Die kannten sich vom Priesterseminar, hatten sich aber jahrelang aus den Augen verloren - nun waren sie so glücklich, einander am Lebensabend noch einmal zu begegnen. Der eine hat dem anderen ganz selig aufs Bein geklopft und gesagt: 'Dass wir das noch erleben dürfen!' Ach, das war schön zu sehen." Demgegenüber stehen etwa Sterbebegleitungen. "Erst heute Nacht ist wieder einer meiner Pfarrer von uns gegangen."
Das Bistum kümmert sich
"Meine Pfarrer", so nennt Schwester Esther jene, um die sie sich 30 Stunden pro Woche kümmert. Die 77-jährige Franziskanerin aus Augsburg leistet in ihrem Bistum einen Sozialdienst für emeritierte Priester - ein laut Diözese einmaliges Projekt in Deutschland. Begonnen hat es vor drei Jahren nach dem Vorbild einer Initiative im Erzbistum Wien.
"Die Geistlichen sollen die Erfahrung machen können, dass das Bistum sich auch im Ruhestand um sie kümmert", sagt Domvikar Martin Riß, stellvertretender Leiter der Personalabteilung Priester. Besonders in Lebenslagen, in denen die Mitbrüder Hilfe benötigten.
Schwierige Situationen
Was das für Lebenslagen sind? "Beispielsweise die Suche nach einem Platz in einem Seniorenheim und die Organisation eines Umzugs", antwortet Schwester Esther. "Oder ich unterstütze die Pfarrer beim Aufsetzen einer Patientenverfügung, begleite sie bei einer Krankheit." Den Umgang mit schwierigen Situationen hat die Ordensfrau einst bei ihrer Arbeit in der Jugendhilfe gelernt. Doch nicht allein diese Qualifikation ist es, der sie ihre jetzige Tätigkeit verdankt.
"Man suchte eine Schwester, die gern Auto fährt", berichtet sie. "Eine Nonne sollte es sein, weil man diese Aufgabe nicht wahrnehmen kann, wenn man Familie hat - dafür ist sie zu unberechenbar, was die Zeit und Dauer der Einsätze angeht." Und ja, gern auf der Straße unterwegs sein müsse man im Sozialdienst tatsächlich, fast 14.000 Quadratkilometer groß sei das Bistum schließlich. Manchmal düst Schwester Esther sogar noch über dessen Grenzen hinaus: "Ich betreue auch emeritierte Priester im Berchtesgadener Land - die sind eben dorthin gezogen."
Musik und Heilige Schrift
Ihre Touren bewältigt Schwester Esther in einem roten Golf. "Ein gutes Auto", meint sie nur. "Ich kenne mich damit nicht weiter aus. Hauptsache, es springt verlässlich an." Während der Fahrt hört sie gern Reportagen und Diskussionen. "Am liebsten auf Bayern 2. Wenig Klassik, die ist mir zu getragen." Etwas Ruhe braucht die Schwester bisweilen aber doch: "Im Berufsverkehr kommst du dir vor wie auf der Treibjagd. Da gönne ich mir nach Bedarf auch mal zehn Minuten Pause auf einem Parkplatz."
Doch auch wenn die Ordensfrau im Radio lieber Gespräche hört, mag sie Musik sehr gern. "Manchmal nehme ich meine Gitarre mit und singe mit den Priestern ein paar Lieder, oft zusammen mit anderen Seniorenheimbewohnern. Außerdem beten wir gemeinsam und lesen in der Heiligen Schrift."
Dankbar und motiviert
Schwester Esthers Aufmerksamkeit gilt dabei nicht allein den Geistlichen. "Wichtig sind mir auch die Pfarrhausfrauen. Die haben ja oft Jahrzehnte für die Priester gearbeitet. Und wie diese müssen auch sie ihren Lebensabend regeln. Ihnen helfe ich natürlich genauso gern."
In ihren Einsätzen erfahre sie immer wieder große Dankbarkeit, sagt die Schwester. "Dafür bin ich wiederum selbst dankbar. Und für meine Gesundheit, die mir meine Tätigkeit auch in meinem Alter noch erlaubt." Wie lange das noch so weitergehe, wisse der Herrgott allein. Immerhin: Die pensionierten Priester geben alles für Schwester Esthers Wohlergehen, wie sie erzählt. "Sie können ja oft nicht mehr die Eucharistie feiern, was ja lange ihr zentraler Lebensinhalt war.
Umso sinnstiftender wirkt das, was sie am Ende meiner Besuche tun: "So gebrechlich sie auch sein mögen - sie spenden mir dann doch immer noch ihren Segen."