Bistum Münster und Caritas stärken freiwilliges Engagement

"Eine große Chance für Kirche und Caritas"

Freiwilliges Engagement in Kirche und Caritas ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Das Bistum Münster und der dortige Diözesancaritasverband aber wollen das Ehrenamt stärken. Das Format steht unter dem Motto "Weitergedacht!".

Ehrenamtler helfen bei einer Essensausgabe für Bedürftige / © Harald Oppitz (KNA)
Ehrenamtler helfen bei einer Essensausgabe für Bedürftige / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was verbirgt sich hinter diesem Titel "Weitergedacht!"?

Holzkreuz auf einer Tastatur / © Tamisclao (shutterstock)
Holzkreuz auf einer Tastatur / © Tamisclao ( shutterstock )

Martin Schroer (Referent in der Fachstelle Pastorale Strategie und theologische Grundsatzfragen im Bistum Münster): Unter der Reihe "Weitergedacht!" haben wir verschiedene Veranstaltungen in Kooperation mit dem Diözesancaritasverband in Münster zusammengefasst. Es geht um digitale Gesprächsangebote.

Wir möchten sowohl hauptberuflich wie auch freiwillig Engagierte aus den beiden Feldern Kirche und Caritas zusammen in den digitalen Raum holen und gemeinsam Ideen spinnen, Überlegungen anstellen und schauen, wie wir das Engagement, das in Kirche und Caritas sehr reichhaltig ist, weiter fördern können. Was können wir tun, um das freiwillige Engagement zu unterstützen?

DOMRADIO.DE: Es gab schon drei Workshops, bei denen es unter anderem um Innovation, Mitbestimmung und junges Engagement ging. Wie sind die Reaktionen bislang?

Martin Schroer (Referent in der Fachstelle Pastorale Strategie und theologische Grundsatzfragen im Bistum Münster)

"Das ist unglaublich bereichernd für viele, diese Perspektiven mal zusammen zu holen."

Schroer: Die Reaktionen sind ganz schön. Es kommt gut an, dass unterschiedliche Perspektiven da sind. Oft ist es so, dass nur freiwillig Engagierte oder nur hauptberuflich Tätige, nur Leute aus verfasster Kirche oder nur aus der Caritas zusammen sind.

Diese Grenzen werden eingerissen. Jede und jeder kann von dem erzählen, was auf seiner oder ihrer Seite gut gelingt. Das ist unglaublich bereichernd für viele, diese Perspektiven mal zusammenzubringen.

Das Veranstaltungsformat ist total einfach. Es ist digital. Man muss nicht weit fahren. Man muss sich nicht vorher anmelden. Man kann überlegen, ob das Angebot am Abend in die jeweilige Situation passt. Man kann sich zuschalten und dabei sein. Es gibt die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Es gibt die Möglichkeit, sich über praktisches Handwerkszeug auszutauschen.

Die Leute, die da waren und sich interessiert haben, haben ganz klar zurückgemeldet, dass hier etwas passiert. Hier kann man auch etwas mit in die praktische Arbeit rausnehmen. Das war eine ganz schöne Rückmeldung, die uns bei den ersten Malen erreicht hat.

DOMRADIO.DE: Ist das der Weg, solche Workshops digital statt im Gemeindezentrum anzubieten?

Schroer: Wir gehen davon aus, dass das eine gute Möglichkeit ist. Man muss sich da nicht mehr abends auf den Weg machen. Man kommt vielleicht gerade in den Feierabend und ist froh, nach einem harten Tag daheim zu sein. Da hat man nicht unbedingt nochmal die Lust, sich auf den Weg zu machen, ins Auto zu setzen oder irgendwo hinzufahren. Vielmehr kann man sich ganz bequem von zu Hause aus zuschalten.

Das bereitet natürlich auch vielen die Möglichkeit der Teilnahme. Man hat keine langen Fahrwege. Man muss nicht noch irgendwelches Material zusammenpacken. Man kann sich gleichzeitig noch ein bisschen im Internet informieren, wenn ein Stichwort gefallen ist, was einen interessiert oder wenn die anderen von ihrer Pfarrei, von ihrem Caritasverband berichten.

Das macht das Arbeiten in dieser Frage ein bisschen einfacher. Denn unser Ziel ist es ja auch, möglichst viele Leute zusammenzuholen, um möglichst unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen.

DOMRADIO.DE: Wie schwer ist es denn, Leute vom Ehrenamt zu überzeugen? Gibt es da Unterschiede in der Altersstruktur?

Martin Schroer (Referent in der Fachstelle Pastorale Strategie und theologische Grundsatzfragen im Bistum Münster)

"Das ist auch die große Chance für Kirche und Caritas"

Schroer: Aktuell sieht es so aus, dass das freiwillige Engagement gesamtgesellschaftlich in Deutschland eher steigt. Viele Leute haben Lust, sich freiwillig zu engagieren.

Überraschenderweise sind es die jungen Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren, die eine überdurchschnittlich hohe Bereitschaft für ein freiwilliges Engagement zeigen und sich auch überdurchschnittlich hoch engagieren.

In den späteren Lebensphasen nimmt es eher ein bisschen ab, wenn man auf die Altersgruppe ab 65 beziehungsweise ab 75 Jahren guckt. Aber diese Altersgruppe ist diejenige, die sich mit dem meisten Zeitinvest engagiert.

Durch die Bank kann man über alle Studien zu dem Thema sehen, dass das Interesse an einem freiwilligen Engagement und auch das freiwillige Engagement selber steigt. Es ist eine sehr "engagement-freundliche" Landschaft, der wir begegnen. Das ist das Schöne.

Das ist auch die große Chance für Kirche und Caritas, da auch stark aufzutreten und zu sagen: "Mit uns, für uns, bei uns kann man sich auch engagieren".

DOMRADIO.DE: Wo würden denn Kirche und Caritas ohne Ehrenamt heute stehen? Was glauben Sie?

Schroer: In beiden Feldern übernehmen freiwillig Engagierte ganz viel Verantwortung. Ohne sie wäre ganz viel von dem, wofür Caritas und Kirche stehen, überhaupt nicht möglich.

Denkt man zum Beispiel im kirchlichen Bereich an freiwillig Engagierte in der Katechese, in Krankenhäusern, in Altenheimen. Oder denkt man an diejenigen, die Ferienlager organisieren, die Verantwortung in Gremien übernehmen, wie zum Beispiel im Kirchenvorstand. Da bringen freiwillig Engagierte ganz viel Zeit und Kompetenzen ein.

Wenn man sich nur die Weltlage mit den vielen Konflktherden gerade anschaut, leistet die Caritas zum Beispiel im Rahmen von Caritas International unglaublich viel Hilfe für die Ukraine und motiviert viele Leute nachhaltig, sich dort zu engagieren.

Das ist etwas, was nur die große Menge an Menschen, die sich freiwillig engagieren möchte, leisten kann.

DOMRADIO.DE: Es gibt auch Leute, die sagen, die Kirche habe genug Geld und solle das alles selbst regeln. Was würden Sie so jemandem sagen, um ihn vom Ehrenamt zu überzeugen?

Martin Schroer (Referent in der Fachstelle Pastorale Strategie und theologische Grundsatzfragen im Bistum Münster)

"Die Menschen haben oft ein großes Lächeln im Gesicht, wenn sie von einem freiwilligen Engagement sprechen können."

Schroer: Das Ehrenamt ist nur eine zusätzliche Perspektive. Es bietet die Möglichkeit, dass Leute ganz bewusst sagen, dass sie etwas nur freiwillig engagiert tun wollen - mit allen Freiheiten, die dazu gehören.

Mancher oder manche kann sich das nicht als Hauptberuf oder Nebenbruf vorstellen, weil man selber eine gewisse Entscheidungskompetenz haben möchte. Man möchte selbst entscheiden, wo man sich engagiert, wie lange man sich engagiert und in welchen Einzelprojekten.

Die Menschen haben oft ein großes Lächeln im Gesicht, wenn sie von einem freiwilligen Engagement sprechen. Das ist noch mal ein anderer Drive als eine hauptberufliche Tätigkeit. Es sind Menschen, die Lust haben, sich nach Feierabend, nach der Schulzeit oder nach dem Berufsleben bei einer Sache zu engagieren, bei der sie ganz viel Herzblut haben.

Hier möchten sie als freiwillig Engagierte mit allen Rechten, die einem dadurch zustehen und auch mit den Pflichten, die man dadurch auferlegt bekommt, auftreten.

Es ist ein ganz anderer Angang, eine ganz andere Leidenschaft, ein ganz anderes Feuer beim freiwilligen Engagement. Es ist ein Feuer, das auch Leute mitbringen, die hauptberuflich für Kirche engagiert sind. Aber wenn man nochmal eine andere Tätigkeit und einen anderen Zugang hat, bietet das ganz andere Möglichkeiten.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Bistum Münster

Münster: Außenansicht vom Dom St. Paulus / © David Inderlied (dpa)
Münster: Außenansicht vom Dom St. Paulus / © David Inderlied ( dpa )

Das Bistum Münster ist mit etwa 1,92 Millionen Katholiken die nach Mitgliedern zweitgrößte Diözese Deutschlands. Das an die Niederlande angrenzende und bis an die Nordsee reichende Bistum ist auf einer Fläche von 15.000 Quadratkilometern in fünf Regionen gegliedert. Vier von ihnen liegen in Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommt der eigenständige Offizialatsbezirk Oldenburg in Niedersachsen. Seit 29. März 2009 leitet Bischof Felix Genn das Traditionsbistum.

Quelle:
DR