Ist er nun ein Frauenförderer oder nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Einerseits betonen Vatikankenner, dass erst unter Franziskus Frauen hohe Ämter in der Kurie übernommen haben. Auch seine Kurienreform "Praedicate Evangelium" sieht vor, dass Laien - männlich und weiblich - nahezu alle Posten offenstehen.
Andererseits ist seine Haltung vielen Gläubigen, darunter in Deutschland, zu zögerlich. Das Frauen-Diakonat scheint in weiter Ferne. Und auch das jüngste Schreiben von Papst Franziskus zu kirchlichen Laien-Ämtern bleibt allgemein.
Einbeziehen von Frauen
Für Franziskus selbst ist das Einbeziehen von Frauen "keine Mode, sondern ein Akt der Gerechtigkeit". Mit diesen Worten begründete der Papst seine jüngsten Personalentscheidungen in einem der letzten Interviews. Heute gebe es leitende Mitarbeiterinnen an entscheidenden Stellen in Vatikanbehörden und eine Vizechefin im Governatorat, also der staatlichen Verwaltung des Vatikanstaats, sagte der 85-Jährige.
Im Vatikan hätten nicht nur Männer, "nein, hier haben alle Getauften einen Platz".
Spätestens mit der päpstliche Entscheidung, eine Frau zur Vize-Regierungschefin des Staates der Vatikanstadt zu machen, scheint ein Reformziel von Franziskus klar: Die katholische Kirche soll, soweit es Kirchenrecht und theologisches Lehramt bis dato zulassen, weiblicher werden - auch in ihrer Führung. Vatikanstaat und Heiliger Stuhl sind, trotz umgangssprachlicher Bezeichnung Vatikan, juristisch zwei verschiedene Völkerrechtssubjekte. An der Spitze beider steht der Papst.
Vizegouverneurin Raffaella Petrini ist zudem eine von drei Frauen, die Neumitglieder in der vatikanischen Bischofsbehörde sind. Die Kommission berät den Papst bei der Ernennung von Bischöfen. Und wie Franziskus in seinem jüngsten Interview klarstellte: "Warum sollten Frauen nicht auch bei der Wahl von Bischöfen mitwirken?" Für den Papst, das betont er immer wieder, ist die Kirche weiblich. Die Mutter aller Gläubigen. Auch seine Marienverehrung ist allgemein bekannt.
Große Bewunderung für Frauen
Aus Ausführungen des Pontifex klingt eine große Bewunderung für Frauen heraus. Frauen hätten eine andere Art, Dinge zu tun als Männer, "weil sie anders denken und denken lassen, weil sie Mütter sind, was anders ist", so der Papst weiter. Sie lösten Konflikte anders und seien eher in der Lage, allein zurechtzukommen. Und sie gäben nicht auf, auch wenn eine Situation aussichtslos scheine. Immer wieder beklagt Franziskus auch frauenfeindliche Haltungen weltweit.
Bis heute hätten Frauen nicht die gleichen Möglichkeiten wie Männer und würden vielerorts unterdrückt.
Doch vielen gehen die Äußerungen des Papstes und die bisherigen Entwicklungen nicht weit genug. In Deutschland reicht hier das Stichwort Maria 2.0 - eine Reformbewegung, die bestehende Machtstrukturen in der Kirche infrage stellt. Auf der vierten Vollversammlung zum Synodalen Weg in Frankfurt gab es eine lange Debatte zur Gleichstellung von Frauen in der Kirche. Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche.
Letztlich wurde der Text auf Vorschlag des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, so geändert, dass er nicht als verbindlicher Beschluss, sondern als Vorschlag zur Prüfung durch den Papst verstanden werden kann. Unter den deutschen Bischöfen reichte dies offenbar zur nötigen Mehrheit. Doch was der Papst zu dem Vorschlag sagen würde, bleibt offen. Insbesondere nachdem der Vatikan vor wenigen Wochen dem deutschen Synodalen Weg einen ordentlichen Dämpfer verpasst hat.
Teil einer weiteren Laien-Einbeziehung
Die Frauenförderung von Franziskus scheint letztlich Teil einer weiteren Laien-Einbeziehung. Aus seinem Brief von Ende August zum 50. Jahrestag des Schreibens "Ministeria quaedam" Pauls VI. über kirchliche Ämter lässt sich herauslesen, dass Franziskus nicht erst Ämter definieren will, um sie danach mit Leben zu füllen. Vielmehr möchte sich der Papst mit den Bischofskonferenzen weltweit über bestehende und außerordentliche Dienste in der Kirche, aber auch "de facto" existierende Ämter austauschen.
Hierbei will er sich nicht auf sofortige Ergebnisse fixieren und erst recht keine "ideologisch" begründeten Entscheidungen treffen.
Franziskus geht es wohl zunächst vor allem um Erfahrungsaustausch und Differenzierung. Erst aus diesem Prozess heraus, wie lange er auch dauern mag, kann für ihn Zukünftiges entstehen - für Männer und Frauen.