Blog des Chefredakteurs aus dem Vatikan zur Weltsynode #19

Wir müssen leider draußen bleiben

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1.000 Worte. Aber Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen gibt trotzdem seinen Senf dazu. Er beobachtet aus seinem "Rome-Office" die Weltsynode und beschreibt im Blog seine Eindrücke aus der ewigen Stadt.

Stufen zur Audienzhalle im Vatikan / © Ingo Brüggenjürgen (DR)
Stufen zur Audienzhalle im Vatikan / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )

"Es ist wichtig, mit den jungen Menschen 'Zeit zu verlieren'. Manchmal sind sie lästig, weil sie immer mit denselben Dingen kommen; aber die Zeit gehört ihnen. Man muss nicht so sehr zu ihnen sprechen als ihnen vielmehr zuhören." Schöne Worte, an die man Papst Franziskus zu gerne erinnern möchte.

Es gibt so viele Zitate von Franziskus, mit denen er bei Weltjugendtagen erklärt hat, dass die Jugend die Zukunft, die Hoffnung für die Kirche sei. Tja, aber hier, bei der "Weltbischof-plus-Laien-inklusive-Frauen-Synode" muss die Jugend leider draußen bleiben. Von zwei Alibijugendlichen mal abgesehen. Aus Europa ist gar kein jugendlicher Vertreter eingeladen worden. 

Wir wissen, wie viele Stimmberechtigte, wie viele Bischöfe, wie viele Priester, wie viele Ordensleute wie viele Laien, wie viele Frauen hier in Rom versammelt sind. Das Durchschnittsalter hat bis dato keiner ausgerechnet. (Herzliche Einladung - eine nette Fleißarbeit...;-) Aber vielleicht ist das auch besser so. Gefühlt liegt das Durchschnittsalter bei 70 plus, bei wohlwollender Betrachtung.

Bei der wichtigen Versammlung, wo es um die Zukunft der katholischen Kirche geht, fehlt die Zukunft - die Jugend. Wer sich nur einmal vor der Audienzhalle im streng abgeschirmten Pressebereich aufgestellt hat, um beim Einzug der Gladiatoren dabei zu sein, weiß, was ich meine. Für manche Teilnehmer sind selbst die sechs kleinen Stufen am Haupteingang eine Herausforderung.

Mancher wird jetzt denken, ja muss er das denn so schreiben? Ja - weil es zum vollständigen Bild gehört. Ich weiß auch, dass eine Synode keine Gamescom ist. Und es ist vielleicht auch nicht so wichtig, ob die Teilnehmer hier das frischgekürte Jugendwort des Jahres 2023 "Goofy" kennen.

Aber wenn man den Laden für die Zukunft aufstellt, sollte die Jugend doch unübersehbar und unüberhörbar am Tisch sitzen. Wenn man allen Menschen die Frohe Botschaft verkünden will, muss man ihre Sprache sprechen. Wenn man ein glaubwürdiges Zeugnis für die Welt abgeben will, muss man die Welt da draußen doch wenigstens im Blick haben.

Ich empfehle allen, die da in Rom hinter den Mauern des Vatikans tagen, einen abendlichen Rundgang durch Trastevere. Das liegt auf der gleichen Seite des Tibers. Einen schönen Fußmarsch mit Blick über Rom nur 25 Minuten vom Petersplatz entfernt. Hier trifft sich die Jugend aus aller Welt. Hier tobt das Leben in Hülle und Fülle. Wer da an einem Freitag- oder Samstagabend - oder eigentlich jeden Abend - mit offenen Augen die Jugend das Leben feiern sieht, der weiß, wie weit Welten bisweilen auseinanderliegen. Es sind gerade mal zwei Kilometer und es sind für die meisten gerade mal 50 Lebensjahre Altersunterschied. Und doch wirkt es, als hätten diese Welten gar keine Berührungspunkte mehr. 

Damit dieser Blog nicht trostlos endet: Mitten in Trastevere liegt die wunderbare Basilika St. Maria. Die älteste Marienkirche Roms. Hier ist die 1968 gegründete Gemeinschaft St'Egido zu Hause. Hier werden beeindruckende Gottesdienste gefeiert, inständig für den Frieden gebetet und hier werden Obdachlose versorgt. St'Egido ist gerade für viele junge Menschen eine Hoffnungsgemeinschaft. Selbst das Herz von Papst Franziskus schlägt hier höher.

Vielleicht lässt der Papst seiner Erkenntnis, dass der Jugend der Kirche die Zukunft gehört auch die nötigen Taten folgen. Wie wäre es, wenn er beim Abschluss der Weltsynode im Herbst 2024 nicht nur die Vertreter der Betroffenen einlädt, sondern auch die christliche Jugend nicht vergisst und an den Tisch holt. Das würde nicht nur dem Durchschnittsalter gut tun.

Ingo Brüggenjürgen

z.Zt. im "Rome-Office", mit 61 Jahren leider auch überaltert 

Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur

Quelle:
DR