KNA: Frau Luck, Sie haben ein Buch voll mit Wissenswertem rund um Weihnachten geschrieben - warum braucht es das?
Nadine Luck: Ich finde es wichtig zu wissen, warum wir Weihnachten feiern und warum und wie wir uns darauf vorbereiten. Ich räume im Buch mit viel Halbwahrheiten und Halbwissen auf, etwa dass die Kerzen auf dem Adventskranz traditionell rot sind: Sie waren früher vor allem violett und rosafarben, entsprechend den liturgischen Priestergewändern vor Weihnachten - denn früher war der Advent eine strenge Fastenzeit, entsprechend der Zeit vor Ostern.
KNA: "Oh Du Peinliche" - so überschreiben Sie in jedem Kapitel die adventlichen und weihnachtlichen No-Gos. Was davon geht für Sie am wenigsten?
Luck: Für mich geht es gar nicht, wenn es jemand in Kauf nimmt, dass andere Menschen wegen einer Kleinigkeit traurig unterm Baum sitzen. Etwa, wenn jemand seinen Angehörigen nichts schenkt, weil er selbst keinen Wert auf Geschenke legt. Klar bedeutet das nicht, dass jeder eine Konsumschlacht veranstalten soll, aber es tut nicht weh, andere mit einer kleinen Aufmerksamkeit zu erfreuen. Dies kann durchaus ein Beitrag zum Fest sein, Pralinen oder ein selbst gemachter Likör etwa.
KNA: Keine Lebkuchen vor dem ersten Advent, kein Weihnachtsbaum vor dem 24. Dezember - sind Sie da nicht zu sehr Spaßbremse?
Luck: Ich finde, ich erhöhe den Spaßfaktor. Die Magie des Advents wäre für traditionsliebende Menschen wie mich nicht dieselbe, wenn sie bereits im September und Oktober ständig Weihnachtsgebäck naschen würden. Wenn man sich diesen Genuss aufspart, ist es tatsächlich eine besondere Freude, erst am ersten Adventssonntag in die Leckerei zu beißen. In dieser Sache streng zu sich selbst zu sein, hat einen besonderen Reiz in einer Zeit, in der das ganze Jahr über alles zu haben ist: Spargel im Winter, zum Nachtisch Erdbeeren mit Eis. Da ist es doch schön, eine Nische für das Besondere zu bewahren, oder?
KNA: Sie verweisen vor allem auf die alten Traditionen. Darf sich ein Fest wie Weihnachten nicht auch weiterentwickeln?
Luck: Natürlich darf es sich weiterentwickeln, das tut es auch ständig. Wenn wir aber seine Wurzeln vergessen, nicht mehr wissen, dass wir die Geburt Jesu feiern, den Nikolaus mit einem Herrn im roten Bademantel gleichsetzen, der auf einem Schlitten durch einen Kamin fällt, und schon im Spätsommer bei Lebkuchen und Dominosteinen "O Du Fröhliche" singen, können wir uns gleich geschlagen geben und einfach eine zweite Halloweenparty aus dem Fest der Liebe machen.
KNA: Was braucht es für die perfekte Weihnachtsidylle?
Luck: Es braucht jedenfalls keine Hetze bis zur Bescherung, denn Weihnachten kommen Christkind oder Weihnachtsmann und kein Hygienebeauftragter. Was es für ein schönes Familienfest braucht, entscheidet jeder für sich. Allerdings - ich glaube, ein bisschen Menschlichkeit und Mitgefühl braucht es für alle. Auch wenn Tante Elfriede nicht so beliebt ist, ist es dennoch gut fürs Gewissen, wenn man sich Weihnachten zumindest mal gemeldet hat.
KNA: Letzte Frage: Was ist Ihre liebste Phrase aus dem Bullshit-Bingo zur weihnachtlichen Kaffeetafel bei Oma?
Luck: Mit Smalltalk-Sätzen ist wohl jeder bewaffnet, der sich an Omas Tafel setzt. Ich verwende "Opa, das hast du schon mal erzählt!" und "Bleib sitzen, Oma!" gern.
Von Christian Wölfel