Boliviens Kirche fordert "objektives Urteil" im Fall Anez

Verfahren gegen Ex-Interimspräsidentin

Im Verfahren gegen die eines Putschversuchs angeklagte ehemalige Interimspräsidentin Jeanine Anez in Bolivien hat Erzbischof Ricardo Centellas ein "objektives Urteil" angemahnt. Anez drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Blick auf Potosi in Bolivien / © streetflash (shutterstock)
Blick auf Potosi in Bolivien / © streetflash ( shutterstock )

Er hoffe, die Bolivianer könnten sehen, dass die Justiz unparteiisch agiere und versuche, die Menschenrechte jeder Person zu schützen, sagte der Vizepräsident der Bolivianischen Bischofskonferenz in einem Interview. Anez (54) sitzt seit über einem Jahr in Untersuchungshaft. Den ihr vorgeworfenen Putschversuch wies sie zurück.

Heftige Unruhen nach Präsidentenwahl 2019

Bolivien wurde nach der Präsidentenwahl im Oktober 2019 von heftigen Unruhen erschüttert. Schon die erneute Kandidatur des damaligen Präsidenten Evo Morales war nach einem verlorenen Referendum über eine dazu notwendige Verfassungsänderung hoch umstritten. Morales setzte seine Kandidatur gegen das Wählervotum auf juristischem Wege durch. Inzwischen räumt er ein, dies sei ein Fehler gewesen.

Bischof Ricardo Ernesto Centellas Guzman / © Romano Siciliani/Agenzia Romano Siciliani (KNA)
Bischof Ricardo Ernesto Centellas Guzman / © Romano Siciliani/Agenzia Romano Siciliani ( KNA )

Nach der Wahl 2019 warf die Opposition dem sozialistischen Präsidenten Betrug vor. Auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprach von schwerwiegenden Manipulationsversuchen. Morales trat auf Druck regierungsnaher Gewerkschaften, der Ombudsstelle des bolivianischen Volkes, der Armee und der Polizei zurück und ging ins Exil. Inzwischen ist er wieder in Bolivien, hat innerhalb der sozialistischen Regierungspartei führende Funktionen inne und spricht von einem Putschversuch gegen sich.

Kirche widerspricht Vorwürfen gegen Anez

Anez wurde nach seinem Rücktritt Interimspräsidentin und organisierte inmitten der Corona-Pandemie Neuwahlen, die die Morales-Partei MAS mit Spitzenkandidat Luis Arce gewann und seitdem wieder regiert.

Jeanine Anez erklärte sich 2019 zu Boliviens Staatspräsidentin / © Juan Karita (dpa)
Jeanine Anez erklärte sich 2019 zu Boliviens Staatspräsidentin / © Juan Karita ( dpa )

Anez wird von den Wahlsiegern vorgeworfen, zu Unrecht ins Amt gekommen zu sein. Auch sei sie für das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften bei Protesten mit mehreren Toten verantwortlich gewesen. Die Opposition sieht dagegen bei Morales die Verantwortung für die Ausschreitungen und fordert, auch er müsse vor Gericht gestellt werden.

2021 veröffentlichte die Kirche eine eigene Dokumentation über die Ereignisse von 2019. Darin hieß es, die damalige Oppositionspolitikerin Anez sei nicht verfassungswidrig ins Amt gekommen, sondern sogar mit Unterstützung der MAS.

Bolivien

Bolivianische Flagge / © em_concepts (shutterstock)

Bolivien ist ein Land im Westen Südamerikas. Hauptstadt ist Sucre, der Regierungssitz La Paz. Der Landesname geht auf Simon Bolivar (1783-1830) zurück, der im 19. Jahrhundert die Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanischen Kolonialherren anführte.

Heute leben auf einer Fläche von der dreifachen Größe Deutschlands rund 11,5 Millionen Menschen. Geschätzt die Hälfte gehört einer von mehr als 30 indigenen Volksgruppen an. Damit hat Bolivien in Südamerika den höchsten Anteil Indigener an der Gesamtbevölkerung.

Quelle:
KNA