Er hoffe, die Bolivianer könnten sehen, dass die Justiz unparteiisch agiere und versuche, die Menschenrechte jeder Person zu schützen, sagte der Vizepräsident der Bolivianischen Bischofskonferenz in einem Interview. Anez (54) sitzt seit über einem Jahr in Untersuchungshaft. Den ihr vorgeworfenen Putschversuch wies sie zurück.
Heftige Unruhen nach Präsidentenwahl 2019
Bolivien wurde nach der Präsidentenwahl im Oktober 2019 von heftigen Unruhen erschüttert. Schon die erneute Kandidatur des damaligen Präsidenten Evo Morales war nach einem verlorenen Referendum über eine dazu notwendige Verfassungsänderung hoch umstritten. Morales setzte seine Kandidatur gegen das Wählervotum auf juristischem Wege durch. Inzwischen räumt er ein, dies sei ein Fehler gewesen.
Nach der Wahl 2019 warf die Opposition dem sozialistischen Präsidenten Betrug vor. Auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprach von schwerwiegenden Manipulationsversuchen. Morales trat auf Druck regierungsnaher Gewerkschaften, der Ombudsstelle des bolivianischen Volkes, der Armee und der Polizei zurück und ging ins Exil. Inzwischen ist er wieder in Bolivien, hat innerhalb der sozialistischen Regierungspartei führende Funktionen inne und spricht von einem Putschversuch gegen sich.
Kirche widerspricht Vorwürfen gegen Anez
Anez wurde nach seinem Rücktritt Interimspräsidentin und organisierte inmitten der Corona-Pandemie Neuwahlen, die die Morales-Partei MAS mit Spitzenkandidat Luis Arce gewann und seitdem wieder regiert.
Anez wird von den Wahlsiegern vorgeworfen, zu Unrecht ins Amt gekommen zu sein. Auch sei sie für das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften bei Protesten mit mehreren Toten verantwortlich gewesen. Die Opposition sieht dagegen bei Morales die Verantwortung für die Ausschreitungen und fordert, auch er müsse vor Gericht gestellt werden.
2021 veröffentlichte die Kirche eine eigene Dokumentation über die Ereignisse von 2019. Darin hieß es, die damalige Oppositionspolitikerin Anez sei nicht verfassungswidrig ins Amt gekommen, sondern sogar mit Unterstützung der MAS.