Die sechs Verbände der Koka-Bauern in Bolivien haben sich im Zwist zwischen Neu-Kardinal Toribio Ticona Porco (81) und der Bolivianischen Bischofskonferenz auf die Seite des emeritierten Prälaten von Corocoro gestellt. Wie die Zeitung "El Deber" (Montagabend Ortszeit) berichtet, erklärten ihn die Bauern zur "höchsten Autorität" der katholischen Kirche des Landes. Dagegen erklärten sie mehrere Mitglieder der Bischofskonferenz zu "unerwünschten Personen".
Einige Vertreter des Klerus lebten mit Vorstellungen, die geprägt seien von "Klassendenken, Rassismus, Diskriminierung und Faschismus", wird Verbandsfunktionär und "Cocalero" Leonardo Loza zitiert. Loza bezieht sich auf eine Erklärung, in der die Bischofskonferenz vor zwei Wochen klargestellt hatte, dass Ticona nicht die offizielle Stimme der bolivianischen Kirche sei. "Im Namen der sechs Verbände weisen wir dieses gegen den Kameraden Toribio Ticona gerichtete Schreiben zurück", so Loza.
Aus der Bergbauregion zur Kardinalsernennung
Damit wird Ticonas überraschende Kardinalsernennung zusehends für innenpolitische Zwecke instrumentalisiert. Die Verbände der "Cocaleros" in Bolivien stehen traditionell der sozialistischen Regierung von Präsident Evo Morales nahe, der selbst einmal ein Anführer der Koka-Bauern war. Sie gelten nach wie vor als wichtiger Teil seiner politischen Machtbasis.
Der Papst hatte zu Pfingsten die Ernennung von 14 neuen Kardinälen angekündigt, darunter auch Ticona. Sie erhalten am Donnerstag in Rom den Kardinalspurpur. Ticona arbeitete, bevor er Priester wurde, in den Minen von Potosi für den Lebensunterhalt seiner Familie. Am 25. April 1937 in Atocha geboren, lernte er den harten Alltag in der südbolivianischen Bergbauregion kennen. Nach dem Studium - unter anderem in Brüssel - bewahrte er seine Nähe zu der Region und den Menschen: erst als Priester, dann als Weihbischof in Potosi, schließlich, ab 1992, auch als Prälat von Corocoro.
Differenzen zwischen Boliviens Bischofskonferenz und der Regierung
Zuletzt kam es immer wieder zu Differenzen zwischen Boliviens Bischofskonferenz und der Regierung. Ein Streitpunkt ist die Haltung der Kirche zur Volksabstimmung vom Februar 2016. Damals lehnte eine knappe Mehrheit der Bevölkerung eine Verfassungsänderung ab, die nötig wäre, um Morales eine erneute Kandidatur zu ermöglichen. Der Präsident ließ jedoch jüngst durchblicken, dass er trotz des Neins der Bevölkerung eine erneute Amtszeit anstrebe. Die Bischöfe pochen auf Anerkennung des Volkswillens. Die Opposition wirft Morales vor, das demokratische Votum zu missachten und die Verfassung zu verletzen.
Neu-Kardinal Ticona hat sich bislang nicht klar zu diesem Streit positioniert. "Weil Evo mein Freund ist, behalte ich meine Meinung für mich", sagte er kürzlich. Mit Blick auf die Erklärung der Bischöfe zu seiner Person entgegnete er: Jemand aus dem Umfeld der Bischofskonferenz habe ihm gesagt, seine Position werde aufgrund seiner kleinbäuerlichen indigenen Herkunft nicht akzeptiert. Dem schenke er aber keinen Glauben.
Auch Morales schaltete sich ein. Er erklärte via Twitter: "Meinen Respekt, Zuneigung und Bewunderung für meinen Bruder Toribio Ticona, Kardinal von Bolivien. Kraft!" Die Katholiken, die sich für die Armen einsetzten, "sind mit dir", so der indigene Präsident. Bolivianischen Medienberichten zufolge wird Morales in den nächsten Tagen zu einem Treffen mit Papst Franziskus im Vatikan erwartet.