DOMRADIO.DE: Sie haben Norwegens Hauptstadt Oslo besucht. Wie haben Sie die Stadt insgesamt erlebt?
Heinz Paus (Präsident des Bonifatiuswerkes): Das ist eine sehr moderne Stadt, sehr weltstädtisch. Es ist faszinierend, was da alles in den letzten Jahren entstanden ist. Eine tolle Oper, das Museum und insgesamt ganz faszinierende, moderne Architektur.
DOMRADIO.DE: Sie haben in den vergangenen Tagen verschiedene katholische Einrichtungen besucht. Gab es etwas, das Sie besonders beeindruckt hat?
Paus: Wir haben uns Projekte angeschaut, die wir in den letzten Jahren unterstützt haben. Und Projekte, die in der nächsten Zeit möglicherweise für uns auf der Tagesordnung stehen könnten. Zum Beispiel eine ehemalige Kirche, die die Amerikaner während ihrer NATO-Zeit hier gebaut haben und die jetzt 50 Jahre alt ist und komplett saniert werden muss. Das war wirklich ein Baustellenbesuch. Gestern Abend haben wir eine Kirche gesehen, die Anfang der 60er Jahre entstanden ist. Sie hat kein Gewölbe, wie wir es uns vorstellen, sondern eine sich in den Kirchenraum hinein wölbende Decke. Besonders spannend waren natürlich die Gespräche mit den Verantwortlichen der jeweiligen Kirchengemeinden.
DOMRADIO.DE: Sie haben mit vielen engagierten Gläubigen vor Ort gesprochen. Wie kommen die mit der Diaspora-Situation klar?
Paus: Das ist hier sehr stark eine Kirche der Migranten. Wir haben Gemeinden mit 80 verschiedenen Nationalitäten. Sehr viele Polen, auch Vietnamesen, Tamilen, Menschen aus Spanien, aus den unterschiedlichsten Ecken der Erde, die sich auch ein Stück über ihren Glauben und ihre Gemeinde beheimaten. Es ist eine ganz wichtige Integrationsaufgabe, die die Kirche hier wahrnimmt. Es ist eine arme Kirche in einem reichen Land und es ist auch unsere Motivation, da zu helfen.
DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche steckt bei uns in Deutschland weiter in der Krise. Können wir etwas lernen von den Katholiken in Norwegen?
Paus: Ja, es ist eine sehr lebendige Gemeinde. Wir waren gestern Morgen in einem Gottesdienst. Das war ein Erlebnis, bei dem man rechtzeitig dort sein musste, wenn man überhaupt einen Platz kriegen will. Anschließend gab es noch das sogenannte "achte Sakrament", den Kirchenkaffee, bei dem man mit Menschen aus unterschiedlichsten Ecken der Welt zwanglos am Tisch zusammensitzt, eine Tasse Kaffee trinkt, ein Stück Kuchen isst und mit ihnen ins Gespräch kommt. Da unterhält man sich nicht nur über irgendwelche alltäglichen Dinge, sondern durchaus auch über den Glauben. Man geht also nicht nach dem Gottesdienst still auseinander, sondern sucht nachher noch die Gemeinschaft mit den Mitchristen. Das ist ein Stück Gemeinde, was wir wieder viel stärker pflegen müssen.
DOMRADIO.DE: Was nehmen Sie persönlich von dieser Reise mit?
Paus: Ich nehme ein Bild von Kirche mit, das wir bei uns stärker wiederfinden müssen, ein Bild von einer Gemeinschaft von Gläubigen, die sich eben nicht nur hin und wieder zum Gottesdienst trifft, sondern die in der Gemeinde auch Verantwortung übernimmt. Da sind ganz viele, die immer mit anpacken, die zum Beispiel ein Kirchencafé aber auch einen Gottesdienst organisieren und die alles wie den Gesang, die interessante Dekoration der Kirche und so weiter mitgestalten. Wir müssen wieder viel mehr darauf setzen, uns alle gemeinsam in der Kirche einzubringen.
Das Interview führte Julia Reck.