"Es braucht in der katholischen Kirche Reformen und Veränderungen. Die fehlende Offenheit jedoch, mit der im Synodalen Weg viele Debatten geführt werden, und zahlreiche Reformvorschläge, die die Einheit mit der Weltkirche zu leichtfertig aufgeben, kann ich nicht mittragen", erklärte er in einer Mitteilung.
Fehlende Debattenkultur und Kritikfähigkeit
Picken hatte bereits mehrfach kritisiert, dass die Debatten innerhalb des "Synodalen Weges" nicht hinreichend offen für eine kontroverse Auseinandersetzung seien. Er hatte schriftliche Interventionen formuliert und mit anderen Mitgliedern der Vollversammlung einen Text für das Forum "Macht und Gewaltenteilung" mit dem Titel "Vollmacht und Verantwortung" vorgelegt, ohne dass diese in den Gremien des Synodalen Weges zur Diskussion gestellt worden waren.
"Man musste über weite Strecken den Eindruck gewinnen, dass die Zielsetzungen des Synodalen Weges bereits vorher festgelegt worden waren", so der Bonner Stadtdechant. Zudem habe man die gestellten Themen unter zu großem Zeitdruck bearbeitet und Diskussionsregeln für die Synodalversammlung entwickelt, die weder der Bedeutung der Fragestellungen gerecht würden noch eine inhaltlich angemessene Debatte ermöglicht hätten. Der promovierte Politologe hatte sich nach diesen Erfahrungen bereits aus der aktiven Mitarbeit am "Synodalen Weg" zurückgezogen. "Die fehlende Debattenkultur und Kritikfähigkeit des Synodalen Weges haben mich enttäuscht und machten eine Beteiligung unmöglich", so Picken.
Synodaler Weg schade wichtigen Reformanliegen
Der Bonner Stadtdechant stellt zudem fest, dass auch kritische Anmerkungen von außen nicht konstruktiv vom Synodalen Weg zur Kenntnis genommen wurden. Sowohl der Brief von Papst Franziskus zu Beginn des Synodalen Weges als auch die vielen kritischen Stellungnahmen von anerkannten Theologen wie zum Beispiel der Kardinäle Kasper und Schönborn oder ganzer Bischofskonferenzen anderer Länder seien nicht in der Tagesordnung des Synodalen Weges berücksichtigt worden.
Man habe die Einwände stattdessen mit einer zuweilen aggressiven Rhetorik abgewehrt und unbeirrt die eigene Agenda weiterverfolgt. Selbst die jüngste Intervention des Vatikans, die drei Kardinäle im Auftrag des Papstes verfasst hatten, sei weitgehend übergangen worden. "Damit wird das Grundprinzip der Synodalität verletzt. Es besteht darin, dass man aufeinander hört und in einen ernstzunehmenden Dialog tritt", so Dr. Picken. Das sei kein Anspruch, den der Synodale Weg allein an Papst und Vatikan stellen dürfe, sondern dem der Deutsche Reformprozess zuerst selbst gerecht werden müsse. Die Abkopplung des Synodalen Weges von seinen Kritikern und schließlich sogar dem Papst verletzte hingegen die Regeln einer guten Diskussionskultur und gefährde die Einheit mit der Weltkirche. "Schließlich sind es diese unbeirrbare Sturheit und Rücksichtslosigkeit, mit der im Synodalen Weg ein eigener deutscher Weg verfolgt wird, die mich dazu bewegen, mein Mandat niederzulegen", resümiert der Bonner Stadtdechant. Der Synodale Weg hinterlasse Verhärtung und Polarisierung und verursache Enttäuschung und Frustration, weil er mit vielen seiner Forderungen das Maß verloren habe. "Vielen Reformanliegen, die für die katholische Kirche weltweit bedeutsam sind, dürfte der Synodale Weg mit seiner zweifelhaften Methodik geschadet haben", resümiert Picken.
Synodaler Weg beschränkt Demokratie und Mitbestimmung
Der Bonner Priester merkt zudem an, dass es im Synodalen Weg von Beginn an erhebliche Defizite mit Blick auf die Partizipation und die thematische Offenheit gegeben habe. Es gebe unter den Delegierten ein Zweiklassensystem. Wer nicht der Bischofskonferenz oder dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken angehöre, könne nicht in das Präsidium des Synodalen Weges oder die Leitung eines Forums gewählt werden, kritisierte Dr. Picken bereits anlässlich der ersten Vollversammlung.
Damit würde die Hälfte aller Delegierten in den Möglichkeiten einer Mitbestimmung und einer Einflussnahme auf den Verlauf des Reformprozesses erheblich beschränkt. Man habe durch strukturelle und inhaltliche Festlegungen in der Satzung zuerst die Hoheit von Bischofskonferenz und ZdK über den Synodalen Weg sichergestellt, statt sich beim Reformprozess auf wirklich demokratische Strukturen und offene Prozesse einzulassen. "Es ist unglaubwürdig, Demokratie und Mitbestimmung in der Kirche zu verlangen, wenn man sie innerhalb des Synodalen Weges bewusst und intensiv beschränkt", so der Bonner Politikwissenschaftler und Theologe. Der Synodale Weg habe vollständig versäumt, kritische Stimmen zu integrieren und mögliche Minderheiten zu beachten. Auch das verstoße gegen die Idee der Synodalität und habe von Beginn an eine Polarisierung provoziert.