Brasiliens Bischöfe fordern Rücktritt des Staatspräsidenten

Klare Ansage

Nach den Enthüllungen um Schmiergeldzahlungen fordern Brasiliens Bischöfe einen Rücktritt von Staatspräsident Michel Temer. Der weigert sich bislang, Konsequenzen zu ziehen.

Krawalle in Brasilia / © Eraldo Peres (dpa)
Krawalle in Brasilia / © Eraldo Peres ( dpa )

Dieser habe keine moralische Grundlage mehr, im Amt zu verbleiben, sagte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Weihbischof Leonardo Steiner, am Mittwoch (Ortszeit) zu BBC Brasilien. Ein Kronzeuge hatte heimlich ein Gespräch mit Temer mitgeschnitten, in dem über Schweigegelder für Politiker und die Bestechung der Justiz gesprochen wurde. Bei Protesten gegen Temer kam es am Mittwoch zu schweren Ausschreitungen.

Der Präsident hätte nach dem Gespräch mit dem Kronzeugen unverzüglich eine offizielle Untersuchung der angedeuteten Bestechungen veranlassen müssen, sagte Steiner. Durch diese Unterlassung habe er jedoch den moralischen Anspruch auf einen Verbleib im Amt verwirkt.

Sofort nach der Veröffentlichung des Telefonmitschnitts vor einer Woche hätte Temer zurücktreten müssen, so der Generalsekretär der Bischöfe. Temer selbst bekräftigte am Mittwoch, bis Ende 2018 im Amt bleiben zu wollen.

Zehntausende protestieren

Die Bischofskonferenz berät nach Worten Steiners noch, ob sie eine direkte Wahl eines neuen Präsidenten durch das Volk oder eine indirekte durch den Kongress unterstützen werde. Laut der Verfassung müsste im Fall von Temers Rücktritt oder Ablösung der Kongress einen neuen Präsidenten wählen.

Am Mittwoch protestierten rund 35.000 Gewerkschafter im Regierungsviertel der Hauptstadt Brasilia. Bei anschließenden Ausschreitungen kam es zu Verwüstungen und Straßenschlachten mit der Polizei. Mindestens ein Ministeriumsgebäude wurde dabei angezündet, weitere wurden stark beschädigt.

Kathedrale gestürmt

Auch die von Stararchitekt Oscar Niemeyer entworfene Kathedrale soll von vermummten Demonstranten gestürmt und in Teilen verwüstet worden sein. Temer hatte daraufhin 1.500 Soldaten zur Absicherung des Regierungsviertels angefordert.

Die Bischofskonferenz warnte für den Fall vorgezogener Neuwahlen vor einer Kandidatur des ehemaligen Staatspräsidenten Luiz Inacio Lula da Silva (71). Aufgrund seiner mutmaßlichen Verwicklungen in den Korruptionsskandal, die derzeit in fünf Prozessen untersucht werden, würde die Kandidatur des früher sehr populären Präsidenten starken Widerstand in der Bevölkerung auslösen, sagte Steiner. Lula müsse erst seine Unschuld beweisen, bevor er wieder antreten könne.

 

 

Quelle:
KNA