Bremer Pfarrerin sorgt sich um auf Kirchturm brütende Vögel

Nistkästen statt "Müll"-Nester

Vogelnester auf Kirchentürmen sind verbreitet. Sie haben aber in Bremen dazu geführt, dass die Nischen am Turm verschlossen werden mussten, da die Vögel zu viel Müll abgeladen hatten. Die Pfarrerin suchte daher alternative Nistplätze.

Symbolbild Vogel in einem Kirchturm / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Vogel in einem Kirchturm / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie ist das denn bei Ihnen im Bremer Südosten? Nisten bei Ihnen Vögel im Kirchturm?

Anne-Kathrin Schneider-Sema (Pastorin in der Evangelische Brückengemeinde Bremen, Standort Hemelingen): Sie haben genistet. Wir hatten Dohlen im Turm und mussten sie aussperren, weil sie so viel Müll von Menschen wie Masken, Glas oder Plastiktüten angeschleppt haben. Das sammelte sich da oben auf dem Turm. Wir haben dann schweren Herzens Gitter eingesetzt. 

Anne-Kathrin Schneider-Sema, Pastorin in der Evangelische Brückengemeinde Bremen, Standort Hemelingen / © Thomas Grünewald (privat)
Anne-Kathrin Schneider-Sema, Pastorin in der Evangelische Brückengemeinde Bremen, Standort Hemelingen / © Thomas Grünewald ( privat )

DOMRADIO.DE: Das Gitter diente also nicht als Taubenabwehr, sondern war gegen die Dohlen gedacht, die man aber eigentlich haben will?

Schneider-Sema: Ja, das war leider gegen die Dohlen. 

DOMRADIO.DE: Weil die angefangen haben, sich aus dem Plastikmüll ihre Nester zu bauen?

Schneider-Sema: Die Dohlen haben in den Turm Kronkorken, Feuerzeuge und alles, was ich vorher genannt habe, mit hineingeschleppt. Auch Zweige waren natürlich dabei. Für diesen Menschenmüll können die Dohlen nichts. Aber wir können auch nichts dafür, dass die Dohlen das alles bei uns im Turm gesammelt haben. 

Anne-Kathrin Schneider-Sema

"Die Not der Dohlen ist groß."

DOMRADIO.DE: Sie wollen aber den Vögeln dennoch ein Zuhause geben. Was haben Sie vor? 

Schneider-Sema: Die Not der Dohlen ist groß. Ich beobachte sie dabei, wie sie auf der Suche nach einem Nistplatz um unseren Turm kreisen. Ich habe mich daraufhin an den NABU (Naturschutzbund, Anm. d. Red.) in Bremen gewandt. Die haben auch einen  Ornithologen. Den habe ich gefragt, was wir zusammen machen können und wie wir als evangelische Brückengemeinde Bremen an unserem Standort, aber auch an anderen Standorten, den Vögeln helfen können.

Daraufhin hat er gesagt, dass wir am besten Nistkästen anbringen. Einen ersten Schwung Meisen-Nistkästen haben wir inzwischen schon angebracht. Weitere sollen folgen, unter anderem auch ein Turmfalken-Nistkasten. Da ist aber vorher ein bisschen organisatorischer Aufwand nötig. 

DOMRADIO.DE: Weil der Turmfalke sich nicht überall ansiedelt? 

Schneider-Sema: Und auch weil der Denkmalschutz Einwände hat.

DOMRADIO.DE: Was ist da das Problem? 

Anne-Kathrin Schneider-Sema

"Unsere Kirche hat eine Schokoladenseite und eine Seite, die man sowieso nicht so einsehen kann."

Schneider-Sema: Zum Glück gibt es kaum ein Problem, weil die zuständige Denkmalschutz-Mitarbeiterin dem Projekt sehr offen gegenübersteht. 

Unsere Kirche hat eine Schokoladenseite und eine Seite, die man sowieso nicht so einsehen kann. Sie hat gleich gesagt, dass diese Seite kein Problem darstellt. Dort können wir die Nistkästen anhängen.

Wenn sich der Turmfalken-Nistkasten optisch einfügen ließe, dann stehe sie auch einem Turmfalken-Nistkasten aufgeschlossen gegenüber. Ich bin ganz hoffnungsfroh, dass wir das auch hinbekommen. 

DOMRADIO.DE: Den Vögeln kommt auch im Christentum eine ganz wichtige Rolle zu. Was sagt denn die Bibel dazu? 

Schneider-Sema: Einer meiner Lieblingsverse aus dem Matthäusevangelium heißt: "Seht euch die Vögel an, sie sehen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte in den Scheunen. Trotzdem ernährt sie euer Vater im Himmel. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?" 

Der Kirchturm von Hemelingen  / © Klaus Brinkmann (privat)
Der Kirchturm von Hemelingen / © Klaus Brinkmann ( privat )

Ich finde es so schön, daran zu denken, dass die Vögel uns jeden Tag daran erinnern, dass wir noch viel mehr wert sind als die. Für Gott sind wir was ganz Besonderes und Liebenswertes. Vögel können uns daran erinnern. Tatsächlich finde ich auch immer mehr Verknüpfungen zu biblischen Themen und zur Theologie, die mit Vögeln zu tun haben. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie für Ihre Nistkästen-Aktion am Kirchturm die komplette Rückendeckung von den Gemeindemitgliedern? Oder gibt es da auch Leute, die sich fragen, was das alles soll? 

Schneider-Sema: Die Rückkehr der Dohlen wird etwas kritisch gesehen. Bis jetzt hängen wir aber auch keine Dohlen-Nistkästen auf. Aber Rabenvögel haben generell bei uns eher keinen ganz so guten Stand wie so eine Blau- oder Kohlmeise oder andere Vögel. Aber ansonsten erfahre ich ganz viel positive Rückmeldungen auf dieses Projekt. 

DOMRADIO.DE: Wie viel Nistkästen wollen Sie jetzt an Ihrem Kirchturm aufhängen? 

Schneider-Sema: An unserem Kirchturm werden es fünf bis sechs sein. Wir haben aber vier Standorte, wo wir Nistkästen verteilen können und auch diverse Parks. Wenn uns Menschen Nistkästen spenden wollen, die nach der Anleitung des NABUs gerne auf Restholz gebaut vorbeigebracht werden können, dann hängen wir die auf, wo wir Platz finden. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR