DOMRADIO.DE: Sie stellen in Ihrer Gemeinde Platz zum Campen zur Verfügung. In der Kirche wird nicht campiert. Aber wo genau darf man campen?
Propst Martin Cachej (Evangelische Markus-Gemeinde in Evessen am Elm): Zwei Möglichkeiten gibt es. Die eine ist auf dem Kirchgrundstück. Das liegt in Ortsrandlage mit einem herrlichen Blick in die Natur.
Oder aber bei uns vor dem Pfarrhaus. Da ist auch ein kleiner Platz, wo es möglich wäre, den Camper hinzustellen und das Leben zu genießen.
DOMRADIO.DE: Kann man auch ein Zelt mitbringen und das da aufschlagen?
Cachej: Zelten ist immer so eine Sache, weil wir keine Infrastruktur haben. Das ist aktuell nur für autarke Fahrzeuge möglich, die Wasser und eine Toilette mit an Bord haben, weil wir das aktuell nicht zur Verfügung stellen können. Wir werden gucken, was in Zukunft möglich ist, aber aktuell, weil es auch am einfachsten ist, gilt es nur für autarke Fahrzeuge.
DOMRADIO.DE: Aber wenn es keine Entsorgungsmöglichkeiten gibt, muss man dann nicht davon ausgehen, dass auch unliebsame Hinterlassenschaften übrig bleiben, wenn die Menschen wieder abgereist sind?
Cachej: Davon gehe ich erst mal nicht aus, weil ich an das Gute im Menschen glaube. Aber ich gehe davon aus, dass Campende schon einen Blick dafür haben, gerade wenn sie solche Angebote nutzen, dass sie auch eine Verantwortung für die Natur und damit für Gottes Schöpfung haben und ihren Müll auch wieder mitnehmen.
Die Fahrzeuge sind ja autark und haben eine Toilette an Bord, sodass das eigentlich kein Problem sein dürfte. Wir bitten unsere Gäste auch, den Müll mitzunehmen. Bevor sie bei uns ankommen, kriegen sie per Mail einen kleinen Brief mit ein paar Hinweisen zugeschickt. Da steht auch deutlich drin, wir freuten uns, wenn sie den Müll wieder mitnähmen.
DOMRADIO.DE: Was steht da sonst noch drauf? Vermutlich gibt es auch so Regeln, dass man nicht die Musik laut aufdreht.
Cachej: Genau, man sollte darauf achten, es sich nicht mit den Nachbarn zu verscherzen, die alle ein Auge auf ihre Kirche im Dorf haben. Da steht auch, dass wir es aktuell nicht so schön finden, wenn Feuer gemacht wird. Man darf durchaus den Grill anwerfen, aber immer mit Rücksichtnahme auf die Menschen, die im Dorf wohnen.
DOMRADIO.DE: Wie kommt man auf die Idee des Campens unterm Kirchturm? Lohnt sich das für die Kasse der Kirchengemeinde?
Cachej: Nein, überhaupt nicht. Das ist auch nicht die Intention gewesen, weil das bei uns kostenlos ist. Die Menschen können aber eine Spende da lassen. Es ist erstmal noch nicht als Einnahmequelle zu sehen. Das können aber andere Gemeinden anders machen, je nachdem wie sie das möchten.
Die Idee ist in der Corona-Zeit entstanden. Die Campingplätze waren voll, andere Stellplätze auch. Wir sind in der Zeit selber Camper geworden und saßen mal irgendwie bei uns im Garten und dachten, es könnte doch eine Möglichkeit sein, wenn wir das an der Kirche machten. Dann sind wir auf das englische Modell des "Champings" gestoßen und auch auf Herbergskirchen am Rennsteig.
DOMRADIO.DE: "Champing" steht für "Church" und "Camping", das ist so ein Kunstwort.
Cachej: Genau, das ist ein Kunstwort. Der National Trust (gemeinnützige Organisation im Bereich Denkmalpflege und Naturschutz, Anm. d. Red.) hat das in England eingeführt, um Geld für den Erhalt der Gebäude einzunehmen. Das ist also ein etwas anderer Hintergrund. Aber da gab es das schon, dass man in der Kirche übernachten kann.
Das wird im Übrigen auch bald in Evessen möglich sein, da sitzen wir gerade dran. Aber es ging um die Stellplätze. Oftmals sind die voll oder landschaftlich nicht so hübsch gelegen.
Da dachten wir: Mensch, wir haben doch so schöne Grundstücke mit einem schönen Blick. Warum nutzen wir die nicht mehr, als dass da nur der Rasen gemäht wird und sonst passiert da eigentlich nicht viel drauf?
Die Gesetzestexte lassen es zu, dass man Privatgrund – und das ist ja auch Kirchengrund – durchaus Campern zur Verfügung stellen kann, wenn es nicht mehr als drei Fahrzeuge sind. Und noch ein paar andere Regeln muss man beachten, was wir tun. So ermöglichen wir den Menschen auf der Reise einen Ort, in dem sie eine gute Nacht verbringen können. Das ist auf 24 Stunden begrenzt.
Ich finde es schon wichtig, dass wir als Kirche gastfreundlich sein sollten. Das ist im Prinzip auch der Hintergrund. Wir sind gastfreundlich und wir haben den Platz, wo ihr mit euren Campingmobilen rasten könnt.
DOMRADIO.DE: Wollen Sie die Menschen vielleicht auch wieder ein bisschen mehr von Kirche begeistern? Kommen Sie mit den Leuten ins Gespräch?
Cachej: Ja, das ist durchaus passiert. Wir hatten schon die ersten Übernachtungen und ich fand es total schön, die Menschen kennenzulernen, weil die unterschiedliche und spannende Biografien haben. Wir hatten ein Paar da, wobei er aus Dortmund und sie aus München kommt. Die haben sich in einer Sternenfahrt getroffen, um dann gemeinsam weiter in den Urlaub zu fahren.
Das sind schon spannende Geschichten, die die erzählen. Das ist auch das Anliegen. Ich will sie nicht belästigen oder missionieren, sondern einfach mit ihnen ins Gespräch kommen und sagen: Hey, du bist hier willkommen und du kannst hier eine schöne Nacht verbringen.
DOMRADIO.DE: Das gibt es nicht nur bei Ihnen in der Markus-Gemeinde, sondern auch woanders. Wollen Sie mit Ihrer Idee vielleicht auch die katholische Kirche inspirieren?
Cachej: Auf jeden Fall. Es ist nicht konfessionsgebunden und es dürfen auch nicht nur Kirchenmitglieder bei uns übernachten. Wir machen da keine Abfrage. Die Idee oder unser Traum der ganzen Aktion ist, dass ich vom Nordkap bis Brindisi fahren kann und immer auf der Strecke irgendwo eine Kirche finde, wo ich übernachten kann. Da ist es völlig egal, ob evangelisch, katholisch, ob es ein Kloster ist, eine Kirchengemeinde oder eine kirchliche Fortbildungseinrichtung. Wer auch immer die Möglichkeit hat, Platz zur Verfügung zu stellen, sollte das tun. Das ist die Idee.
Wir versuchen eine Plattform bereitzustellen, wo sich Gemeinden melden können, die da mitmachen möchten, aber wo gleichzeitig auch die, die das Angebot als Campende nutzen möchten, gucken können, was auf ihrer Reiseroute auf dem Weg ist.
Dann können sie sehen, wo es möglich ist und wo sie nachfragen können. Das ist ein bisschen wie ein Landvergnügen. Es gibt auch eine Möglichkeit, auf Bauernhöfen zu übernachten. Warum dann nicht auch bei uns?
Das Interview führte Tobias Fricke.