DOMRADIO.DE: Wie kommt es, dass Sie ein Predigtthema versteigern?
Pastor Jonas Goebel (Auferstehungskirche Hamburg): Ganz grob kann man sagen, dass ich versuche, ein bisschen mehr Teilhabe zwischen mir und den Gottesdienstbesuchern zu ermöglichen. Das ist eine der Spaßideen, zu sagen: Warum nicht auch mal eine Predigt versteigern und mir vorschreiben lassen, worüber ich predigen soll?
DOMRADIO.DE: Wie funktioniert das Ganze?
Goebel: Ab heute 18 Uhr ist die Auktion live. Für zehn Tage kann man bieten und wer am Ende am meisten geboten hat, der darf mir entweder ein Thema oder eine Bibelstelle vorschreiben, über das ich dann im Gottesdienst Ende September predige.
DOMRADIO.DE: Das ist ja eine ganz schöne Herausforderung, da kann ja alles vorgeschlagen werden: von Jesu Tod am Kreuz über Müllabfuhr und Broccoli bis hin zu den Bundestagswahlen.
Goebel: Darauf baue ich auch, dass da etwas Herausforderndes kommt und nichts, wo ich mir denke: Ach, guck mal, da habe ich schon etwas in der Schublade. Ich habe auch die Hoffnung, dass es wirklich etwas ist, was mich herausfordert und in der Vorbereitung ein bisschen triggert.
DOMRADIO.DE: Was denken Sie denn, was etwas Herausforderndes wäre?
Goebel: Im besten Fall ist es so herausfordernd, dass ich es mir vorher gar nicht vorstellen konnte. Je ungewöhnlicher es ist, desto besser. Deswegen hoffe ich eher auf keine biblische Geschichte oder keinen biblischen Text. Da ist die Wahrscheinlichkeit natürlich höher, dass ich oder jemand anderes schon einmal etwas dazu gemacht hat. Broccoli wäre super, würde ich sagen.
DOMRADIO.DE: Das Ganze ist eine größere Aktion. In jedem Monat, der fünf Sonntage gibt, versehen Sie den fünften Sonntag mit einer ungewöhnlichen Aktion. Sie haben zum Beispiel auch schon einen Gottesdienst ohne Musik gemacht. Was haben Sie da sonst im Programm?
Goebel: Viel haben wir da noch nicht gemacht, weil die Idee relativ neu ist, jeden fünften Sonntag ein Experiment zu machen – zumindest etwas, das wir hier noch nicht gemacht haben. Es kann ja gut sein, dass andere das schon seit Jahren machen. Die erste Idee ist jetzt eben, ein Predigtthema zu versteigern. Wie der Rest des Gottesdienstes aussieht, weiß ich noch gar nicht.
Es heißt ja eBay-Gottesdienst. Bislang steht nur der Plan für die Predigt. Den Rest werde ich auch ein bisschen davon abhängig machen, was dann dort als Thema kommt. Auf jeden Fall soll es einfach besonders sein. Etwas, bei dem man nachher sagt: "Okay, haben wir jetzt einmal gemacht, müssen wir auch nicht wieder machen." Oder vielleicht sagt man auch: "Ach, guck mal, das war ja wirklich spannend. Vielleicht können wir Teile davon übernehmen oder häufiger feiern."
DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, dass Sie generell alles ein wenig partizipativer gestalten wollen. Sie stellen Ihre Predigten zum Beispiel auch als Podcast ins Internet?
Goebel: Man kann meine Predigten vorher testlesen oder testhören. Auch hinterher kann man sie sich dann in der fertigen Variante anhören, falls man nicht da war oder zwischendurch eingenickt ist. Man kann auch über die Predigtserien abstimmen. Wir haben bei uns in der Gemeinde keine festen biblischen Texte, nach denen wir uns dann richten.
Ein Thema ist jetzt gerade zum Beispiel der Hashtag "Sundays for Future", angelehnt an die "Fridays for Future"-Demos. Das Thema wurde vorher auch von allen möglichen Leuten bestimmt, die im Internet abgestimmt haben, und hat da mit 40 oder 50 Prozent gewonnen. Das passt auch so ein bisschen in diese verschiedenen Ideen, wie wir mehr Beteiligung oder "gemeinsam" den Gottesdienst vorbereiten und gestalten können.
DOMRADIO.DE: Hätten Sie denn auch ein Tabuthema, über das Sie nicht reden würden?
Goebel: Ja, ich habe mir vorbehalten, dass ich zumindest alles ablehne, was menschenverachtend ist. Das Geld überweisen wir dann natürlich zurück. Natürlich könnte man aus allem auch noch etwas machen – auch wenn jemand ein Thema vorschlägt, von dem ich denke, dass es eigentlich nun wirklich nicht in den Gottesdienst passt. Das wäre vielleicht gerade ein Grund, darüber zu predigen. Dann würde ich zumindest den Titel so anpassen, dass ich auch damit werben kann. Ich kann jetzt keinen Titel in den Gemeindebrief setzen, bei dem ich mir denke: Hoppala. Eigentlich geht erst einmal alles, weil ich mir ja auch nicht den Inhalt vorschreiben lasse, sondern nur das Thema. Was ich dann darüber sage, liegt ja wieder ganz bei mir.
DOMRADIO.DE: Was passiert denn mit dem Geld, das dabei zusammenkommt?
Goebel: Das geht ausnahmsweise nicht an den Pastor und seinen Privathaushalt. [lacht] Es geht in diesem besonderen Fall in die Kollekte. Wir sammeln am Ende des Gottesdienstes Geld für verschiedene soziale oder kirchliche Einrichtungen und da geht der Erlös dann mit hinein.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.