Rund eineinhalb Jahre nach dem Fabrikunglück von Rana Plaza in Bangladesch haben Vertreter aus der Wirtschaft, von Gewerkschaften und Hilfsorganisationen ein Bündnis für bessere soziale und ökologische Mindeststandards in der Textilbranche gestartet. Hungerlöhne, Kinderarbeit und die Arbeit mit tödlichen Chemikalien bei der Produktion von Kleidung seien nicht länger hinnehmbar, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am Donnerstag bei der Vorstellung des Aktionsplans des Bündnisses in Berlin: "'Geiz ist geil' kann nicht unser Antrieb sein". Vertreter von SPD, Linken und Grünen sowie Hilfsorganisationen forderten ein Gesetz für Mindeststandards. Beim Einsturz des Rana-Plaza-Hochhauses waren im April 2013 in Bangladesch mehr als 1.100 Menschen getötet und Tausende verletzt worden. In der Folge wurde scharfe Kritik an den Produktionsbedingungen in der Textilbranche insbesondere in Asien laut.
30 Unternehmen und Organisationen haben sich bislang angeschlossen
In einem ersten Schritt haben die Mitglieder des Bündnisses vor allem die Löhne und den Arbeitsschutz in den Produktionsstätten etwa in Bangladesch, Kambodscha, China und Pakistan im Blick. Bisher haben sich rund 30 Unternehmen und Organisationen angeschlossen. Vor allem mittelständische Firmen wie der Sportartikelhersteller Vaude, Trigema und der Ökomodenproduzent Hess Natur unterstützen die freiwillige Initiative. Große Textilverbände und -produzenten sind bisher nicht dabei. Etliche waren zwar an den Vorbereitungen beteiligt, konnten sich aber laut Müller bis zum Gründungstermin nicht zu einem Betritt entschließen.
Die entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Kofler, begrüßte zwar die Gründung des Textilbündnisses, forderte aber gesetzliche Mindeststandards. "Wenn es Unternehmen nicht gelingt, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, muss der Gesetzgeber handeln", sagte Kofler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei Verstößen müssten Geldstrafen oder andere Sanktionen folgen. Kofler geht davon aus, dass die SPD-Fraktion einen solchen Vorstoß mittragen würde.
Kritik aus der Opposition
Scharfe Kritik an der freiwilligen Selbstverpflichtung kam auch aus der Opposition. "Profitgier geht weiter vor. Die Achtung der Menschenrechte steht hinten an", erklärte der Obmann der Linksfraktion im Entwicklungsausschuss, Niema Movassat. Das Verhalten der Verbände sei unredlich. Der Grünen-Sprecher für Entwicklungspolitik, Uwe Kekeritz, sprach von einer "verpufften" Initiative. "Die Konzerne sind auf freiwilliger Basis nicht dazu bereit, bessere Arbeitsbedingungen in der globalen Lieferkette einzuleiten", sagte Kekeritz. Beide sprachen sich für ein Gesetz aus.
Bündnis "Saubere Kleidung": Appell an Firmen
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann appellierte an die soziale Verantwortung von Unternehmen und Verbrauchern. Man könne nicht zulassen, dass Firmen Mindeststandards einfach ignorieren. Ähnlich äußerte sich die Kampagne für "Saubere Kleidung" und die Entwicklungsorganisation Oxfam. Der Erfolg des Bündnisses hänge davon ab, dass alle Akteure der Textilbranche dabei seien, heißt es in einer Oxfam-Mitteilung. Es sei ein großes Hindernis, dass Unternehmen wie Otto, Lidl und Kik dem Bündnis bisher nicht beigetreten seien.
Müller zufolge soll es ab Januar 2015 ein Internetportal geben, das "Licht in das Dunkel der Textilsiegel" bringt. Auf längere Sicht schwebt Müller ein "grüner Knopf" vor, der dem Verbraucher signalisiert, ob soziale und ökologische Mindeststandards bei der Fertigung eingehalten wurden. Befürchtungen, die Preise für Kleidungsstücke könnten durch die Vorgaben deutlich steigen, erteilte der Minister eine Absage. Die Jeans werde im Höchstfall einen Euro teurer sein. Jeder könne sich weiterhin die Kleidung leisten und dennoch faire Löhne sichern, sagte Müller.
Bischof Ackermann: Rana Plaza-Unglück darf nie wieder geschehen
Der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, der katholische Bischof Stephan Ackermann, forderte Firmen und Textilverbände auf, sich dem Bündnis anzuschließen. "Eine Katastrophe wie in Bangladesch darf nie mehr geschehen", erklärte Ackermann. Auftraggebern sollte es ein ethisches Anliegen sein, Verantwortung für die Verbesserung von sozialen und ökologischen Standards zu übernehmen.