Bündnis "Gemeinsam für Afrika" protestiert gegen Landraub

Geschwür der Globalisierung

Die Rose ist der Klassiker unter den Liebesgaben. Spross das Blümlein aber auf einer Plantage in Afrika, dann hat es vielleicht einen dornigen Hintergrund. Auf dem Kontinent grassiert der Landraub. Heute will das Bündnis "Gemeinsam für Afrika" bundesweit gegen dieses Geschwür der Globalisierung demonstrieren.

Autor/in:
Christoph Schmidt
 (DR)

Für profitable Monokulturen kaufen internationale Konzerne und Fonds unter rechtlich zweifelhaften Umständen riesige Agrarflächen auf. So wie die indische Karaturi Global Limited, die auf einer 1.000 Quadratkilometer großen Plantage im Südwesten Äthiopiens vor allem eins züchtet: Rosen.



Meist wachsen auf den gewaltigen Flächen der Multis aber Nahrungsmittel für den Weltmarkt oder Biosprit-Pflanzen. Die kleinbäuerliche Bevölkerung wird vertrieben oder in unfruchtbare Gebiete umgesiedelt. Folgen sind Hunger und Entwurzelung für Hunderttausende.



Am Donnerstag will das Bündnis "Gemeinsam für Afrika" bundesweit gegen diese Entwicklung demonstrieren. Symbolisch wollen die rund 20 Hilfs- und Entwicklungsorganisationen öffentliche Plätze von Berlin bis München besetzen, um gegen das Landgrabbing zu protestieren. Sie bezeichnen die Gier nach Agrarflächen mittlerweile als eines der größten Probleme für die Menschen in Entwicklungsländern.



Rund 200 Millionen Hektar sind Schätzungen nach versprochen oder verkauft

Seit der Jahrtausendwende wurden dort nach Angaben der Menschenrechtsorganisation FIAN 200 Millionen Hektar an ausländische Investoren verkauft, verpachtet oder versprochen - mehr als die Ackerfläche der EU. Am stärksten betroffen sind sieben der ärmsten Länder Afrikas: Äthiopien, Sudan, Mosambik, Tansania, Madagaskar, Sambia und die Demokratische Republik Kongo. Aber auch in Asien, Lateinamerika, selbst in Osteuropa gelangen per Satellitenbild abgesteckte Ländereien in die Hände der Investoren. Sie kommen meist aus China, Indien, Saudi-Arabien, den USA, Kanada und Europa. Auch die Deutsche Bank, die Allianz oder die Kaffee produzierende Neumann-Gruppe standen zuletzt in der Kritik.



"Seit die Nahrungsmittelpreise in der Krise 2008 explodierten und die Finanzbranche die Spekulation darauf als Megatrend entdeckte, hat Landgrabbing stark zugenommen", berichtet Benjamin Luig, Agrarexperte des katholischen Hilfswerks Misereor.



Plantagenbewässerung zehrt an Wasserressourcen

Die Knappheit an Land und die Nachfrage nach Nahrung werden sich wegen des Bevölkerungswachstums und fortschreitender Wüstenbildung weiter verschärfen. Das garantiert sichere Renditen. Angebaut werden besonders Mais, Reis, oder Soja als Tierfutter für den Fleischbedarf reicher Staaten. "Fast nichts davon bleibt in den armen Ländern", so Luig. Zudem zehre die Bewässerung der Plantagen die Wasserressourcen auf.



Eine wachsende Rolle spielen Agrartreibstoffe, etwa aus Rohzucker. "Dafür werden Menschen von ihrem Land und in den Hunger getrieben, damit man andernorts mit dem Auto shoppen fahren kann", meint Richard Klasen von FIAN. Die EU-Beimischungsquote für Agrartreibstoffe, kurz E10, heize Landgrabbing indirekt mit an. Die Hauptschuld tragen aber für Luig die Regierungen in den Entwicklungsländern, die über die Bevölkerung hinweg mit den Investoren verhandeln. "Da fließt viel Geld in private Taschen." Weil die Landnutzung der Kleinbauern meist auf Gewohnheitsrecht beruht, nicht auf eingetragenen Besitztiteln, würden sie oft ohne jede Entschädigung verjagt.



Freilich gebe es auch die Hoffnung, von neuer Infrastruktur, Steuern und dem Know-how der Konzerne zu profitieren. In manchen Verträgen sei davon durchaus die Rede, so Luig. "Wir kennen aber keinen Fall von Landgrabbing, bei dem es den betroffenen Menschen danach besser ging." Zusagen würden einfach nicht eingehalten: "Bei manchen Deals über Zehntausende von Hektar sind die Verträge nicht länger als 10 Seiten."



Anfang Mai verabschiedeten 96 Nationen unter Federführung der UN-Welternährungsorganisation FAO neue Leitlinien gegen den Landraub. Demnach sollen Regierungen ihre bäuerliche Bevölkerung in die Verkäufe einbeziehen und ihre Gewohnheitsrechte achten. Dies allerdings freiwillig. Luig: "Viele Länder hätten sonst gar nicht unterschrieben."