Bürgerrechtlerinnen aus Belarus mit Karlspreis geehrt

"Die mutigsten Frauen Europas"

Bewegende Reden und Rückenwind für die demokratische Freiheitsbewegung in Belarus: Der diesjährige Karlspreis würdigt die Aktivistinnen gegen das Lukaschenko-Regime und wirkt angesichts der aktuellen Krisen besonders eindrücklich.

Swetlana Tichanowskaja (l-r), Oppositionspolitikerin aus Belarus, Veronika Zepkalo, Bürgerrechtlerinnen aus Belarus, und Tatsiana Khomich, die stellvertretend für ihre Schwester M. Kolesnikowa (Foto), die in Belarus inhaftiert ist, den Karlspreis entgeggennahm, stehen bei der Friedenskundgebung nach der Verleihung im Katschhof. / © Bernd Thissen (dpa)
Swetlana Tichanowskaja (l-r), Oppositionspolitikerin aus Belarus, Veronika Zepkalo, Bürgerrechtlerinnen aus Belarus, und Tatsiana Khomich, die stellvertretend für ihre Schwester M. Kolesnikowa (Foto), die in Belarus inhaftiert ist, den Karlspreis entgeggennahm, stehen bei der Friedenskundgebung nach der Verleihung im Katschhof. / © Bernd Thissen ( dpa )

Historische Zäsur bei der Vergabe des Internationalen Karlspreises: Die renommierte Auszeichnung wurde am Donnerstag in Aachen an die führenden Gesichter der belarussischen Demokratiebewegung vergeben und würdigt damit erstmals eine Bewegung aus dem Volk, die sich gegen ein autokratisches Regime wehrt.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja und ihre Mitstreiterinnen Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo seien "die mutigsten Frauen Europas", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in ihrer Laudatio. Trotz großer persönlicher Opfer hätten sie mit ihrem Enthusiasmus und ihrer Empathie eine Freiheitsbewegung entstehen lassen und seien Vorbilder für Millionen Frauen auf der Welt.

Große persönliche Opfer

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte die Bürgerrechtlerinnen einen Ansporn für alle, die auf der Welt für Freiheit und Demokratie kämpfen. Die Menschen in Belarus, die sich mutig gegen das brutale Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko stellten und dafür einen hohen Preis zahlten, "verdienen weiterhin unsere Aufmerksamkeit, Hilfe und Unterstützung", schrieb Steinmeier in Gratulationsbriefen.

Die Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (parteilos) nannte die Preisträgerinnen "ein Licht in dunklen Zeiten". Mit der politischen Entscheidung, die belarussische Opposition auszuzeichnen, mische sich das Karlspreis-Direktorium ein und ergreife "eindeutig Partei für ein Europa in Freiheit und Demokratie".

Angriff auf Werte

Annalena Baerbock / © Kay Nietfeld (dpa)
Annalena Baerbock / © Kay Nietfeld ( dpa )

Baerbock mahnte in ihrer emotionalen und teils persönlich gehaltenen Rede beim Festakt im Krönungssaal des Aachener Rathauses, in Zukunft noch kritischer hinzuschauen und noch entschiedener zu handeln, "wenn unsere Werte und unsere Freiheit angegriffen werden".

Europa sei an einem "Punkt der Weichenstellung" und müsse außen- und sicherheitspolitisch weitergebaut werden. Dazu zähle, den Menschen beizustehen, die sich in Russland und Belarus für Freiheit und Demokratie einsetzen. "Wir werden keine Ruhe geben, bis Lukaschenko die Gewalt und Repression gegen eure Bevölkerung einstellt", versprach Baerbock den Preisträgerinnen. "Wir stehen gemeinsam für unsere und eure Freiheit ein."

Gefängnisstrafe in Belarus

Swetlana Tichanowskaja war 2020 als Präsidentschaftskandidatin gegen Lukaschenko angetreten, nachdem ihr Mann nicht kandidieren durfte und inhaftiert wurde. Sie lebt ebenso wie Veronika Zepkalo im Exil. Die dritte Preisträgerin Maria Kolesnikowa sitzt in Belarus im Gefängnis. Sie wurde wegen angeblicher Vorbereitung eines Komplotts und Gefährdung der nationalen Sicherheit zu elf Jahren Haft verurteilt, bei der Preisverleihung wurde sie von ihrer Schwester Taziana Chomitsch vertreten. Baerbock sagte mit Blick auf das Schicksal der Preisträgerinnen: "Euer Mut lässt sich nicht wegsperren. Die Idee der Freiheit kann man nicht ins Exil vertreiben."

Erstmals an mehr als eine Person vergeben

In ihren Dankesreden schilderten die drei Frauen vor den rund 600 Gästen eindrücklich die Unterdrückung in ihrem Land und baten um weitere Solidarität und Unterstützung. Tichanowskaja, die als eigentliche Siegerin der Präsidentschaftwahl von 2020 gilt, warf Lukaschenko "Terror gegen seine Bürger" vor, er nutze den gesamten "Werkzeugkasten der Diktatur". Das belarussische Volk habe aber Freiheit und Demokratie gewählt und wolle zu "den freien Menschen Europas" gehören.

Karlspreismedaille / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Karlspreismedaille / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Erstmals wurde der seit 1950 vergebene Internationale Karlspreis zu Aachen an mehr als eine Person verliehen. Der Preis ehrt Menschen und Institutionen, die sich um Völkerverständigung und die Einigung Europas verdient gemacht haben. Häufig wurden bislang politische Spitzenvertreter ausgezeichnet.

 

 

Quelle:
epd