Bundesinnenminister Friedrich beim Katholikentag

"Das Abendland hat Hochkonjunktur"

Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich wird am Katholikentag in Mannheim teilnehmen. Ein Interview mit dem evangelischen CSU-Politiker über seinen Glauben, die Rolle der Kirchen im öffentlichen Raum und die Integration des Islam.

 (DR)

KNA: Herr Minister Friedrich, Sie kommen als überzeugter Protestant zum Katholikentag. Welche Relevanz hat der persönliche Glaube für Ihr politisches Engagement?

Friedrich: Der christliche Glaube bedeutet Zuversicht, auch in schwierigen Phasen, und wenn es ganz hart kommt, auch Geborgenheit. Der christliche Glaube verbindet Freiheit und Verantwortung. Das muss auch die Grundlage für politisches Handeln sein. Für einen Christen bedeutet der Glaube Orientierungshilfe bei der Ausübung der Freiheit. Nächstenliebe und Hoffnung spornen uns an. Sie geben uns Kraft, damit wir uns bestmöglich für unsere Gesellschaft einsetzen.



KNA: Sie werden beim Katholikentag an einem Gespräch zum Thema: "Die Angst vor dem Untergang des Abendlandes - Was bringt unsere Gesellschaft zusammen?" teilnehmen. Welche Rolle spielt das "Abendland" als prägende Größe in einer zunehmend pluralen Gesellschaft?

Friedrich: Abendland steht für die christlichen Werte, die unsere Kultur und unser Leben prägen. Weil Solidarität und Nächstenliebe am Ende stärker sind als Hass, Unterdrückung und Gewalt, hat das Abendland am Ende Bestand. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns: So viel individuelle Freiheit, so viel Möglichkeiten zur Übernahme von Verantwortung und so viel Toleranz wie heute gab es noch nie. Das Abendland hat also Hochkonjunktur!



KNA: Die Zahl der Christen in Deutschland ist rückläufig. Beeinflusst dies das Staat-Kirche-Verhältnis?

Friedrich: Nach wie vor bekennen sich etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland zum christlichen Glauben. Der Staat profitiert in vielfältiger Weise von der Rolle der Kirchen im öffentlichen Raum. Caritas und Diakonie fördern beispielsweise sehr wesentlich den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Über ihr soziales Engagement hinaus erinnern die Kirchen uns daran, woher wir kommen. In Mannheim werden wir auch darüber sprechen, welchen Wert christliche Wurzeln für unsere Gesellschaft haben.



KNA: Deutschland steht vor einem fundamentalen demografischen Wandel. Wo sehen Sie die Aufgaben der Kirche bei der Bewältigung dieses Prozesses?

Friedrich: Der demografische Wandel ist Chance und Herausforderung zugleich. Gerade weil wir weniger und älter werden, sind wir auf das Potenzial jedes Einzelnen angewiesen. Wichtige Voraussetzung, um die Chancen des demografischen Wandels zu erkennen, ist etwa ein positives Bild jeden Alters. Bei den Kirchen steht der Mensch seit zweitausend Jahren im Mittelpunkt. Generationengerechtigkeit gehörte bei ihnen schon immer zum Programm. Ich habe gerade die Demografiestrategie der Bundesregierung vorgelegt. Nun folgt ein intensiver Dialog mit allen gesellschaftlichen Kräften. Ich freue mich in diesem Zusammenhang besonders auf den Beitrag der Kirchen.



KNA: In Deutschland leben über vier Millionen Muslime. Hat sich das Staatskirchenrecht angesichts der Integration des Islam bewährt, oder muss es verändert werden? Wenn ja in welche Richtung?

Friedrich: Ich sehe keinen Änderungsbedarf bei unserem geltenden Staatskirchenrecht. Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit des Grundgesetzes umfasst die gemeinschaftliche Ausübung einer Religion und kommt allen Religionen gleichermaßen zugute. Die Errichtung von Moscheen ist genauso gewährleistet wie der Neubau von Kirchen. Wichtig ist die Klarstellung, dass es nach unserem Staatskirchenrecht nicht um eine Anerkennung oder Nichtanerkennung des Islam als Religion geht. Der Islam ist selbstverständlich eine Religion. Es geht vielmehr um die rechtliche Einordnung von Vereinigungen. Der Staat braucht verbindliche Strukturen als Partner.



KNA: Sie haben bei der Islamkonferenz vor einer wachsenden Islamfeindlichkeit gewarnt. Gefährden die Berichte über die Salafisten die Integrationsbemühungen?

Friedrich: Die überwältigende Mehrheit der Muslime in unserem Land hat mit dieser Ideologie nichts zu tun. Das haben die großen Verbände klar zum Ausdruck gebracht. Und darauf muss man immer wieder hinweisen. Die etwa 4.000 Salafisten in Deutschland, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und teilweise sogar bekämpfen, sind eine Randgruppe. Auch unabhängig von der aktuellen Debatte um radikale Salafisten sind die Muslime unsere Partner. Das zeigt sich sowohl bei der Arbeit im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz als auch bei der von mir ins Leben gerufenen Sicherheitspartnerschaft. Damit schaffen wir wichtige Rahmenbedingungen für die Integration vor Ort.



Das Gespräch führte Christoph Scholz.