Bundesjustizminister fordert von Kirchen Selbstkritik

Strafrechtliche Aufarbeitung nötig

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat an die Kirchen appelliert, sich beim Thema Missbrauch den "schmerzhaften Fakten" zu stellen. Nur wenn eine transparente Aufarbeitung stattfinde, könnten auch neue Taten verhindert werden.

Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz  / © Britta Pedersen (dpa)
Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz / © Britta Pedersen ( dpa )

Erst dann bestehe eine Chance, dass die Kirchen Vertrauen zurückgewinnen könnten, sagte Buschmann (FDP) am Dienstag in Berlin auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er bezeichnete Missbrauch in kirchlichem Zusammenhang als eine der "schrecklichsten Konstellationen, die man sich vorstellen kann".

Buschmann äußerte sich nach der Vorstellung einer Missbrauchsstudie des Bistums Essen am Dienstagvormittag. Der Minister ist selbst Katholik und stammt aus dem Bistum Essen. 

Kein Schonraum für Kirchen

Der Justizminister betonte, dass eine strafrechtliche Aufarbeitung stattfinden müsse - neben anderen Formen der Aufarbeitung. Dabei gebe es für die Kirchen keinen Schonraum. Er höre immer wieder, dass die Staatsanwaltschaften dort angeblich nur eingeschränkte Befugnisse hätten.

"Das ist mitnichten so", sagt der Minister.Der Staat habe eine Aufklärungspflicht, alle rechtlichen Instrumente anzuwenden, da gebe es keine Sonderprivilegien für die Kirchen. 

Selbstkritik wird erwartet

Er erwarte von den Kirchen als großen Organisationen, "die auch eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen", dass sie sich selbstkritisch fragten, wie es zu den Taten gekommen sei und wie es sein könne, dass diese zum Teil über Jahre lange unentdeckt blieben.  

Wenn man den Eindruck gewinne, dass keine ernsthafte Aufarbeitung stattfinde, dürften die Kirchen oder andere Institutionen sich nicht wundern, wenn etwa im Parlament über weitergehende Maßnahmen wie etwa eine Kommission diskutiert werde.

423 Missbrauchsfälle und 201 Beschuldigte im Bistum Essen

Im Bistum Essen hat es seit der Gründung vor 65 Jahren mindestens 423 Fälle und Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt gegeben. Die Zahlen legte das Ruhrbistum selbst bei der Vorstellung einer Aufarbeitungsstudie vor. Insgesamt sind 201 Personen beschuldigt, darunter 129 Geistliche und 19 Ordensfrauen.

2018 verzeichnete eine andere Studie für die Essener Diözese noch 60 beschuldigte Geistliche sowie 85 Betroffene seit der Gründung.

Essen: Franz-Josef Overbeck (l-r), Bischof des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, Generalvikar, und Christiane Gerard, Leiterin Personal, nehmen an einer Pressekonferenz teil / © Roberto Pfeil (dpa)
Essen: Franz-Josef Overbeck (l-r), Bischof des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, Generalvikar, und Christiane Gerard, Leiterin Personal, nehmen an einer Pressekonferenz teil / © Roberto Pfeil ( dpa )
Quelle:
KNA