Bundeskanzlerin Merkel trifft in Türkei Religionsführer

Religionsfreiheit keine Selbstverständlichkeit

Bei ihrem Türkei-Besuch wird Bundeskanzlerin Angela Merkel heute mit mehreren Religionsführern zusammentreffen. Zunächst wird sie von Patriarch Bartholomäus I. zu einem Vier-Augen-Gespräch empfangen. Anschließend wird der Kreis erweitert um Ministerpräsident Erdogan Erdogan, den Obermufti von Istanbul, Mustafa Cagrici, den armenischen Patriarchen Mesrob II.

 (DR)


Bei ihrem Türkei-Besuch wird Bundeskanzlerin Angela Merkel heute mit mehreren Religionsführern zusammentreffen. Zunächst wird sie von Patriarch Bartholomäus I. zu einem Vier-Augen-Gespräch empfangen. Anschließend wird der Kreis erweitert um Ministerpräsident Erdogan Erdogan, den Obermufti von Istanbul, Mustafa Cagrici, den armenischen Patriarchen Mesrob II. Mutasyan und den Istanbuler Oberrabiner Rav Isak Haleva. Die Kanzlerin wolle damit ihr besonderes Interesse am Dialog der Religionen untermauern, hieß es aus Regierungskreisen. Den religiösen Minderheiten in der Türkei fehlt bislang die rechtliche Anerkennung. Das führt dazu, dass sie kein Eigentum erwerben können, keine Baugenehmigung haben oder ihre Geistlichen nicht in der Türkei ausbilden dürfen. Religionsfreiheit ist ein Kriterium für den EU-Beitritt der Türkei. Hören sie über die Situation der Christen in der Türkei das domradio-Interview mit Dr. Otmar Oehring, Türkei- und Islamexperte beim Katholischen Hilfswerk missio: "Ein ganz wichtiger Besuch".

Neue Phase in den deutsch-türkischen Beziehungen
Merkel war am Donnerstag zu einem zweitägigen Antrittsbesuch in der Türkei eingetroffen. Nach einer Kranzniederlegung am Atatürk-Mausoleum in Ankara kam sie am Nachmittag mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammen. Dabei waren unter anderem die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei, der Atomstreit mit dem Iran und die Lage im Nahen Osten Thema. Merkel will Ankera außerdem dazu bewegen, Zypern anzuerkennen. In diesem Punkt gab es jedoch keine Fortschritte. Prof. Faruk Sen, Direktor der Stiftung Zentrum für Türkeistudien in Essen, spricht im domradio-Interview von einer neuen Phase der deutsch-türkischen Beziehungen.

Erdogan hofft auf Fortschritte bei EU-Beitrittsverhandlungen
Die Türkei erwartet im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 Fortschritte auf dem Weg in die Europäische Union. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Donnerstag nach dem Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel in Ankara, er hoffe, dass die Unterstützung für einen EU-Beitritt der Türkei in dieser Zeit zunehmen werde.

Erdogan lehnte allerdings die von der EU verlangte Öffnung von Häfen und Flughäfen für das EU-Mitglied Zypern ab, solange die „Isolation" des türkischen Nordzypern anhalte. Merkel stellte klar, die Lösung des Zypern-Problems sei eine notwendige Voraussetzung, um in den EU-Verhandlungen weiterzukommen. Die EU-Kommission will dazu am 8. November einen Fortschrittsbericht vorlegen und droht mit Aussetzung der EU-Verhandlungen, sollte es von Seiten der Türkei kein Signal geben, das so genannte Ankara-Protokoll umzusetzen.

Ein wichtiges Thema des ersten Gesprächs zwischen Merkel und Erdogan waren Fragen der Integration von türkischstämmigen Bürgern in Deutschland. Merkel begrüßte die Absicht der Türkei, vor der Übersiedlung von Türken nach Deutschland im Heimatland Deutschkurse anzubieten. Es sei „schade", dass viele junge Türken in Deutschland wegen mangelnder Deutschkenntnisse geringere Chancen hätten. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern bezeichnete Merkel als „ausgesprochen eng und freundschaftlich". Die Kanzlerin und Erdogan hoben zugleich die Bedeutung der engen wirtschaftlichen Beziehungen hervor.
(ddp)