Bundespräsident: "Arbeit, Bildung und Integration" wichtigste Ziele für Deutschland

Köhler mahnt zur "Agenda 2020"

Bundespräsident Horst Köhler hat grundlegende politische Reformen sowie finanzielle Entlastungen für die Bürger gefordert. In den Mittelpunkt seiner "Berliner Rede" stellte Köhler am Dienstag die Themen Arbeit, Bildung und Integration. Er warb für Änderungen im Steuersystem, niedrigere Sozialabgaben, Reformen im Wahlrecht, höhere Investitionen in Bildung und verstärkte Bemühungen um Integration. Von CSU und FDP erhielt Köhler volle Zustimmung für seine Ausführungen.

 (DR)

Köhler nannte die Agenda 2010 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einen «guten Anfang». Schröder hatte im März 2003 unter anderem eine tiefgreifende Arbeitsmarktreform angekündigt, die später im Zuge der sogenannten Hartz-Gesetze umgesetzt wurde. Das Erreichte sollte laut Köhler nicht zerredet werden, eine Agenda 2020 könne weitere Orientierung geben und den Kurs nachjustieren.

Köhler plädierte unter anderem für Änderungen im Steuerrecht und niedrigere Sozialabgaben. Die Besteuerung müsse «klar, einfach, wirksam und fair» sein. «Ein solches Steuerrecht haben wir längst nicht mehr», sagte das Staatsoberhaupt. Die Sozialabgaben hemmten hingegen das Entstehen von Arbeitsplätzen. «Weniger Abgaben auf Arbeit würden unserem Land gut tun», sagte er. Es lohne sich, weiter darüber nachzudenken, wie «soziale Sicherheit langfristig stärker durch Steuern finanziert werden kann».

Zur Stärkung der Demokratie in Deutschland sprach sich Köhler für Wahlrechtsänderungen aus. Er empfahl, den Einfluss der Parteien bei der Nominierung der Kandidaten zu begrenzen. Den Wählern könnte Mitbestimmung unabhängig von der Rangfolge auf den Wahllisten eingeräumt werden. Um den «hierzulande meist herrschenden Dauerwahlkampf» zu begrenzen, könnte die Wahlperiode zum Bundestag von vier auf fünf Jahre verlängert werden, schlug Köhler vor. Zugleich sollten Landtags- und Kommunalwahlen häufiger auf einen Tag gelegt werden. Auch bei den föderalen Strukturen sieht Köhler Verbesserungsmöglichkeiten. Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern sollten entflochten werden.

Köhler stellte Chancen von Globalisierung und Zuwanderung heraus. Eine «kluge Einwanderungspolitik» helfe dabei, zusätzliche Talente zu gewinnen. Als grundlegend für Integration nannte der Präsident Freiheitsliebe, Gleichberechtigung und Toleranz in Glaubens- und Gewissensfragen.

FDP-Chef Guido Westerwelle sprach von einer «herausragenden Rede». Köhler sei ein Glücksfall für Deutschland. Die Forderung nach einer Agenda 2020 zeige die innere Unabhängigkeit des Bundespräsidenten. Auch der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) lobte die Rede Köhlers. Er habe ein Signal gegen Verzagtheit und für mehr Zukunftsoptimismus gesetzt. Köhler sei der richtige Bundespräsident für Deutschland.

Horst Köhler hielt zum dritten Mal eine «Berliner Rede». Die Tradition dieser Präsidentenreden hatte Roman Herzog 1997 begründet. Köhler hatte im Mai erklärt, sich im nächsten Jahr zur Wiederwahl als Bundespräsident zu stellen. Seine Kandidatur wird von der Union unterstützt, während die SPD die Hochschulprofessorin Gesine Schwan nominiert hat.