Wer Fahnen in Brand setze, zeige nicht nur einen unerträglichen Hass auf Israel, "sondern versteht nicht oder respektiert nicht, was es heißt deutsch zu sein", sagte Steinmeier. Er sprach zum Auftakt des Jubiläumsjahres 2018 "70 Jahre Staatsgründung Israel" in Berlin. Der deutsche Staat sei dann "besonders gefordert, mit der gebotenen Klarheit und Konsequenz einzuschreiten."
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick betonte, die Kirchen seien kategorisch gegen Antisemitismus. Dieser sei auch nicht mit außenpolitischen Fehlern anderer Staaten zu rechtfertigen. Die evangelische Bischöfin Petra Bosse-Huber sagte in Berlin, es komme in jüngster Zeit vor allem in Schulklassen mit gemischter ethnischer Zusammensetzung vermehrt zu Übergriffen auf jüdische Schüler. Sie bezweifle, ob Gesetze allein dagegen etwas ausrichten könnten. Vielmehr sei die gesamte Zivilgesellschaft aufgerufen, gegen Antisemitismus einzutreten.
"Verantwortung nicht verhandelbar"
Steinmeier erklärte, zu Deutschland gehöre die "Verantwortung vor unserer Geschichte", die Lehren aus zwei Weltkriegen und dem Holocaust, die Verantwortung für die Sicherheit Israels und die Absage an jede Form von Rassismus und Antisemitismus, unterstrich der Bundespräsident: "Diese Verantwortung kennt keine Schlussstriche für Nachgeborene und keine Ausnahmen für Zuwanderer. Sie ist nicht verhandelbar - für alle, die in Deutschland leben und hier leben wollen." Nur wenn Juden in Deutschland vollkommen zu Hause seien, sei diese Bundesrepublik vollkommen bei sich.
Am Freitag waren bei einer pro-palästinensischen Demonstration am Brandenburger Tor israelische Flaggen verbrannt worden. Außerdem wurden antisemitische Parolen gerufen. Die Proteste richteten sich gegen die von US-Präsident Donald Trump verkündete Anerkennung Jerusalems als alleinige Hauptstadt Israels.
"Andere politische Position rechtfertigt keinen Hass"
Dass die einseitige Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt einen Beitrag zu einem friedlicheren Nahen Osten leiste, könne man "mit guten Gründen bezweifeln", sagte der Bundespräsident. Das habe er in einem Telefonat auch dem Präsidenten Israels, Reuven Richlin, vermittelt. Doch eine andere politische Position in dieser Frage rechtfertige "keinen Hass auf Israel und keine Herabwürdigung unserer jüdischen Bürgerinnen und Bürger".
"Nichts davon, keinen lauten Antisemitismus und keinen leisen, keinen alten und keinen neuen, dürfen wir in Deutschland hinnehmen. Antisemitismus darf keinen Platz haben in dieser Bundesrepublik", sagte Steinmeier und verwies darauf, dass sich das vielfältige Gewand des Antisemitismus auch zeige, wenn Vorurteile gegenüber dem "Jüdischen" gepflegt würden oder "völkisches Gedankengut" wieder in politischen Reden auftauche.