Bundesregierung will Kolumbien helfen

"Der Rechtsstaat arbeitet"

Als erster deutscher Regierungschef hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende Kolumbien besucht. Dabei sicherte sie dem südamerikanischen Staat Hilfe bei der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkrieges und beim Kampf gegen den Drogenhandel zu.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Ihrem Amtskollegen Alvaro Uribe in Bogota sagte die CDU-Politikerin beim Treffen im Präsidentenpalast Unterstützung "auf diesem schwierigen Weg" zu.

Am Sonntagmorgen (Ortszeit) gab Merkel in der Staatsanwaltschaft in Bogota den Startschuss für ein 3,6 Millionen Euro teueres Projekt der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Dabei leistet Deutschland Hilfe beim Aufbau eines Beratungsteams, das die Aufklärung der vielen tausend Menschenrechtsverletzungen unterstützen soll.

Derzeit gibt es in der Andenrepublik zu wenige Staatsanwälte und Ermittler, die die Verbrechen des mehr als 40 Jahre andauernden Konfliktes zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs, Drogenkartellen und der Armee aufklären können.

"Wichtig, überhaupt als Opfer anerkannt zu werden"
Die Kanzlerin informierte sich auch über ein Gesetz, das ehemalige Opfer und Täter wieder miteinander versöhnen soll. Im Gegenzug für ein Geständnis und Wiedergutmachungszahlungen an die Opfer ermöglicht es den Tätern die Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach Verbüßung einer verhältnismäßig milden Gefängnisstrafe von bis zu acht Jahren.

Dieser bislang vor allem bei der Demobilisierung rechter Paramilitärs angewandete Weg ist bei Menschenrechtlern wegen des geringen Strafmaßes umstritten. Die kolumbianischen Justizbehörden erhielten aus Deutschland sogenannte Anhörmobile, mit denen Gespräche mit Tätern und Opfern auch in entlegenen Gebieten des Landes geführt werden können.

Gunhild Schwitalla vom Zentrum für internationale Migration, die in Bogota in der Opferbetreuung arbeitet, erklärte: "Für die Opfer ist jetzt im Moment erst noch mal wichtig, überhaupt als Opfer anerkannt zu werden."

Bischofsappell
Deutsche Hilfsorganisationen hatten die Bundeskanzlerin im Vorfeld der Reise aufgefordert, sich für den Schutz von Hilfskräften in Kolumbien einzusetzen. Diese seien oft in konfliktbeladenen Zonen im Einsatz und liefen Gefahr, zwischen die Fronten in den bewaffneten Auseinandersetzungen zu geraten. Merkel war am Sonntagmorgen im kleinen Kreis mit Vertretern der Zivilgesellschaft, darunter auch einem katholischen Priester zusammengekommen, um sich aus erster Hand über Verletzungen der Menschenrechte zu informieren.

Am Rande des EU-Lateinamerikagipfels in Lima/Peru Ende der vergangenen Woche hatten Bischöfe aus Lateinamerika bei einer Zusammenkunft mit Merkel mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die teilweise jahrelang zurückliegenden Verbrechen von Paramilitärs, Drogenkriminellen und Guerilleros aufgeklärt werden müssten.

Nur so könnten ein neuer Zusammenhalt in der kolumbianischen Gesellschaft erreicht und Vertrauen der Menschen in die Justiz zurückgewonnen werden. Dabei ging die deutsche Regierungschefin auch auf eine Verhaftungswelle gegen Mitglieder der Regierungspartei von Uribe ein, die in Verbindung mit den Paramilitärs stehen: "Der Rechtsstaat beginnt an zu arbeiten", sagte Merkel und wertete dies als ein positives Zeichen.

"Das ist ein spannender Ansatz"
Auch im Kampf gegen den Drogenhandel soll sich Deutschland engagieren. Merkel sprach sich für eine Unterstützung des kolumbianischen Projektes mit sogenannten Waldhüterfamilien aus. Dabei werden ehemalige Koka-Bauern landwirtschaftlich umgeschult. "Das ist ein spannender Ansatz", meinte die Kanzlerin. Uribe kündigte an, dass die Zerstörung von Koka-Anbauflächen von zuletzt 60.000 auf bald 100.000 Hektar anwachsen werde. "Gäbe es den illegalen Drogenhandel in Kolumbien nicht, dann gäbe es auch keinen Terrorismus", sagte der Präsident.

Merkel war am Samstag direkt vom EU-Lateinamerikagipfel aus Peru nach Kolumbien weitergeflogen. Ihre erste Reise nach Südamerika endet am Montag mit einem Besuch in Mexiko.