Abitur in der Tasche - und dann? Viele Jugendliche entscheiden sich für ein freiwilliges Jahr; sie möchten nach der Schule etwas Praktisches machen, sich erst einmal orientieren. Bei so manchen scheitert dieser Wunsch aber schlicht daran, dass sie sich nicht auf ein ganzes Jahr festlegen wollen oder können.
Gesetzentwurf verabschiedet
Die Bundesregierung will das ändern. In seiner letzten Sitzung vor der Weihnachtspause verabschiedete das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf. An schlechten Rahmenbedingungen dürfe ein solcher Dienst an der Gemeinschaft nicht scheitern, so Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), aus deren Haus der Entwurf stammt. Der Entwurf setzt weiter auf Freiwilligkeit und soll Schritt für Schritt umgesetzt werden.
Laut Giffey machen jährlich mehr als 80.000 junge Menschen einen Freiwilligendienst in Deutschland. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Freiwilligendiensten: Rund 53.000 absolvieren demnach ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), 3.000 ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) und rund 27.000 den Bundesfreiwilligendienst, den es seit der Abschaffung der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes gibt.
Dazu kommt ein freiwilliger Dienst im Ausland und seit einigen Jahren ein freiwilliges Jahr im kulturellen, politischen oder naturwissenschaftlichen Bereich.
Nach Giffeys Einschätzung könnte die Zahl der Freiwilligen viel größer sein, wenn die Rahmenbedingungen verbessert würden: Deshalb will sie in einem ersten Schritt die Zahl der Plätze vergrößern. Im kommenden Jahr soll es unter anderem beim Bundesfreiwilligendienst 5.000 mehr Plätze geben und beim FÖJ 625. Zudem sollen die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen verbessert werden, die ein solches Jahr ableisten wollen.
Freiwilligendienste sollen flexibler werden
Darüber hinaus sollen die Freiwilligendienste flexibilisiert werden: Die starren Vorgaben von einem Zeitraum von einem Jahr beim FSJ sollen gelockert werden. Ihr Konzept sieht vor, dass junge Menschen den Dienst auch in Teilzeit absolvieren können oder etwa nur ein halbes Jahr.
Nach den Berechnungen des Ministeriums könnten von den jährlich rund 800.000 Schulabgängern rund 120.000 motiviert werden, ein solches Jahr zu machen. Für den Ausbau der Plätze will der Bund auch mehr Geld in die Hand nehmen. So standen 2018 rund 263 Millionen Euro im Haushalt des Ministeriums zur Verfügung. Für 2019 sieht der Haushalt zusätzliche Mittel von rund 65 Millionen Euro vor.
Mittelfristig soll der Bund nach Vorstellungen Giffeys auch die finanziellen Bedingungen für einen solchen Freiwilligendienst verbessern und ein bundesweit einheitliches Freiwilligengeld von 402 Euro zahlen. Zudem soll es Zuschüsse für ein Monatsticket im öffentlichen Nahverkehr geben. Derzeit variiert die Höhe, beträgt aber maximal 391 Euro.
Davon verspricht sich Giffey, den Dienst auch für Jugendliche attraktiver zu machen, deren Eltern kein Geld zuschießen können, wenn der Dienstort in einer anderen Stadt liegt und das Taschengeld zusammen mit dem Wohnkostenzuschuss nicht ausreicht. Auch Schüler mit anderen Schulabschlüssen sollen geworben werden - etwa auch dadurch, dass junge Menschen nach einem solchen Jahr ein Zertifikat erhalten, das ihnen Pluspunkte bei einer Bewerbung für eine Arbeitsstelle oder im Studium bringen soll.
Günstiger als ein Pflichtjahr
Wie realistisch die Umsetzung dieser weiteren Schritte in dieser Legislaturperiode ist, könne sie nicht abschätzen, sagte Giffey bei der Vorstellung ihres Konzepts. Sie halte aber nichts davon, ein Konzept wie das eines Pflichtjahres abzulehnen, ohne ein anderes vorzuschlagen.
Die Ministerin rechnet nach eigenen Worten mit Kosten von rund einer Milliarde Euro, die die Umsetzung des gesamten Konzepts kosten würde. Damit sei es günstiger als die Einführung eines Pflichtjahres. Die veranschlagten Kosten dafür beziffert sie auf rund 5 bis 12 Milliarden Euro.