Seinen Masterplan zu neuen Asylregelungen konnte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bislang in dieser Woche noch nicht verkünden. Zu einem anderen Gesetzentwurf wird er an diesem Freitag noch einmal Stellung beziehen: Dann stimmt der Bundestag über die Neuregelungen zum Familiennachzug bei subsidiär geschützten Flüchtlingen ab. Eine Zustimmung gilt als gewiss.
Bundesinnenministerium begrenzt Zahl der Visa auf 5.000
Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD auf wesentliche Punkte der Regelungen verständigt, die das Innenministerium dann in seinem Entwurf noch präzisierte: Ab August sollen 1.000 Angehörige der Kernfamilien von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz pro Monat nachziehen dürfen. Für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember soll dabei laut Bundesinnenministerium die Begrenzung bei insgesamt 5.000 Visa liegen. Bis Jahresende kann das nicht ausgeschöpfte Kontingent auf den Folgemonat übertragen werden, danach nicht mehr.
Wer in das Kontingent der Nachzugsberechtigten aufgenommen wird, soll das Bundesverwaltungsamt nach humanitären Kriterien festlegen. Auch das bemängeln die Kritiker. Wie soll das Amt entscheiden, ob ein krankes Kind oder eine pflegebedürftige Ehefrau, deren Ehemann schon länger in Deutschland lebt, einreisen darf, so fragen sie. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) will man die Entscheidungen wegen der ohnehin vorhandenen Überlastung nicht zumuten.
Die etwa 200.000 meist syrischen Flüchtlinge mit eingeschränkten Schutz, die in Deutschland leben, schöpfen aber nun erneut Hoffnung, ihre Familienmitglieder schnellstmöglich nachholen zu können. Seit März 2016 war dieser Nachzug ausgesetzt worden, zunächst für zwei Jahre, weil die Städte und Gemeinden sich mit der Unterbringung der Flüchtlinge überfordert fühlten. Der Bundestag verlängerte die Aussetzung dann noch einmal um ein halbes Jahr bis Ende Juli.
Kein individuelles Recht auf Familienzusammenführung
Dabei ist die Zahl der Familienmitglieder, die die Flüchtlinge ohne die neuen Regelungen nachholen können, nach wie vor umstritten. Teilweise war von bis zu 300.000 Nachzüglern die Rede. Ein Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit geht allerdings von deutlich niedrigeren Zahlen aus: 50.000 bis 60.000. Viele der Flüchtlinge, um die es gehe, seien nicht verheiratet und hätten auch keine Kinder, so die Begründung.
Bei der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs in der vergangenen Woche kam viel Kritik von der Opposition. Grüne und Linke warfen der großen Koalition vor, Flüchtlingen damit ein Menschenrecht zu verweigern. Die FDP drängte darauf, einen Familiennachzug nur dann zuzulassen, wenn ein "echter Härtefall" vorliege, und dies nicht an einer Zahl festzumachen.
Einige Juristen haben Bedenken, ob die Neuregelungen dem Grundgesetz entsprechen. Bei einer Bundestags-Anhörung zu Wochenbeginn betonte der Rechtswissenschaftler Daniel Thym aber, er halte die geplanten Regelungen für verfassungskonform. Es gebe zudem kein individuelles Recht auf Familienzusammenführung.
Kritik von Kirchen: Regelungen sind inhuman
Ganz praktische Bedenken haben indes die Leiter der Integrationsbehörden: Bei derselben Anhörung verwiesen sie auf den Zeitdruck, den das Gesetz mit sich bringe: Es sei faktisch unmöglich, die komplexen Regelungen in so kurzer Zeit umzusetzen.
Scharfe Kritik an den Neuregelungen kommt auch von den Kirchen: Sie halten die geplanten Neuregelungen für inhuman. Für die Integration seien sie kontraproduktiv. In einem offenen Brief, den kirchliche zusammen mit anderen Hilfsorganisationen an Bundestagsabgeordnete und Regierung schickte, bekundeten sie ihre Sorge. Abgeordnete und Regierung sollten ein Signal setzen, statt Ängste zu schüren.
Deutschland müsse als starkes Land mit offener Gesellschaft und handlungsfähiger Demokratie auch künftig seiner Verantwortung für die Menschenrechte und den Schutz der Familie auch für Geflüchtete gerecht werden.