Tausende von Jesiden wurden ab August 2014 vom IS aus ihrer Heimat im Nordirak vertrieben, versklavt oder ermordet. Systematisch wurden Frauen und Kinder vergewaltigt.
Die Entscheidung des Bundestages sei auch die Annahme des Auftrags, nach denen zu suchen, die weiterhin vermisst und verschleppt sind, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Beobachter gehen von etwa 3.000 Jesiden aus, die weiterhin in der Gewalt der IS-Kämpfer oder vermisst sind. "Wir können den Völkermord nicht rückgängig machen, aber wir können dafür sorgen, dass die Opfer Gerechtigkeit erhalten, damit der Völkermord nicht vererbt wird", sagte Baerbock.
Für Asyl-Schutz und Zusammenführung von Familien
Redner aller Fraktionen sprachen sich dafür aus, Jesiden auch weiterhin in Deutschland Asyl-Schutz zu gewähren. Zugleich sollten die Rückkehr Geflüchteter in ihre Heimat ermöglicht und Familien zusammengeführt werden. Bildungs- und Forschungsangebote zu fördern und ein Archiv- und Dokumentationszentrum einzurichten, sind demnach weitere Anliegen, um neben dem Gedenken auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung in Geschichte, Theologie und Kultur zu stärken.
Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland sprach von einem historischen Tag. Jetzt müsse die Sindschar-Region schnell wieder aufgebaut werden, erklärte die Zentralratsvorsitzende Zemfira Dlovani in einem Facebook-Post. "Ezidinnen und Eziden gehören nicht in Zelte oder Camps, sie gehören in ihre Heimat." Derzeit leben internationalen Beobachtern zufolge etwa 300.000 Jesiden in Flüchtlingslagern unter zum Teil desolaten Verhältnissen.
"Historische Entscheidung"
Auch die deutsch-jesidische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal begrüßte die Entscheidung des Bundestags als historisch. Die Anerkennung des Genozids sei mehr als nur ein symbolischer Akt. "Es ist eine Heilung. Denn nichts wünschen sich die Überlebenden mehr als Gerechtigkeit, dass die Welt ihr Leid sieht und die Täter bestraft werden", sagte Tekkal, die Gründerin der Menschenrechtsorganisation Hawar ist. Die Organisation forderte, dass die humanitäre Lage der Jesiden im Irak verbessert und der Genozid strafrechtlich international verfolgt wird.
An der Debatte im Bundestag nahm als Gast auch das weltliche Oberhaupt der Jesiden, Hazim Tahsin Saied Beg, teil, der sich derzeit mit einer jesidischen Delegation zu Besuchen in Berlin aufhält.
Verstärkte Hilfe für Menschen im Irak
Im Vorfeld eines Treffens mit der Delegation kündigte der Parlamentarische Staatssekretär im Entwicklungsministerium (BMZ), Niels Annen (SPD), eine verstärkte Hilfe des Ministeriums im Irak an: "Für die Zukunft müssen wir vor allem die strukturellen Entwicklungshemmnisse des irakischen Staates ins Visier nehmen, zuallererst die Korruption und die überbordende Bürokratie", sagte Annen.
Seit 2014 habe das Ministerium mehr als zwei Milliarden Euro in den Wiederaufbau des Iraks investiert. Das BMZ unterstütze auch Projekte im Nordirak zur Trauma-Verarbeitung und psychosozialer Betreuung.
(Dieser Artikel wurde am 19.01.2023 um 14:30 überarbeitet.)