Burscheider Schule testet gemeinsamen Religionsunterricht

Christliche und muslimische Schüler zusammen auf "Jesus-Rallye"

An der evangelischen Johannes-Löh-Gesamtschule bekommen seit 2015 christliche und muslimische Schüler phasenweise gemeinsamen Religionsunterricht. In einer "Jesus-Rallye" gingen sie auf die Suche nach den gemeinsamen Wurzeln ihrer Religionen.

Unterricht (dpa)
Unterricht / ( dpa )

"Wie nennen die Muslime Jesus, den Sohn Marias?" Gruppen von Sechstklässlern sitzen an den Tischen des türkisch-islamischen Kulturvereins in Burscheid und füllen einen Zettel mit Fragen aus. "Glauben Muslime an die Kreuzigung Jesu?", "Wie heißt die heilige Schrift der Muslime?" Solche Fragen müssen die Schüler der Johannes-Löh-Gesamtschule an diesem Tag beantworten. Für rund 100 Mädchen und Jungen ist der Kulturverein mit seinem angeschlossenen Gebetsraum die erste Station auf ihrer "Jesus-Rallye".

Gemeinsam sollen die Schüler an diesem Tag die Wurzeln des Christentums und des Islams kennenlernen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede benennen können. Die Jesus-Rallye, die unter anderem auch zu einer evangelischen und katholischen Kirche führt, ist einer der Höhepunkte eines landesweiten Pilotprojektes, das im August 2015 in der Gesamtschule in Burscheid angelaufen ist. In der evangelischen Einrichtung haben Schüler evangelischen, katholischen und islamischen Glaubens phasenweise gemeinsamen Religionsunterricht. Ziel ist es, das Verständnis der Schüler für andere religiöse Positionen zu erweitern und die Fähigkeit zum Dialog zu stärken.

"Jesus-Rallye" für alle

Die Gesamtschule der Evangelischen Kirche im Rheinland ist derzeit die einzige weiterführende Schule in Burscheid. Die daneben liegende Hauptschule wird ihren Betrieb in ein paar Jahren einstellen und nimmt keine neuen Schüler mehr an. Derzeit hat die Johannes-Löh-Schule 376 Schüler, darunter 67 muslimische Kinder und Jugendliche. "Da die Schüler am Religionsunterricht teilnehmen müssen, bieten wir islamischen Religionsunterricht an", sagt Schulleiterin Angelika Büscher. Der Religionsunterricht erfolgt in der Regel getrennt.

Wichtige Bestandteile des Modellprojektes sind aber die Phasen gemeinsamen Lernens - wie etwa die "Jesus-Rallye". Die Antworten auf die Fragen, die während der Rallye gestellt werden, sollten die Schüler eigentlich ohne große Probleme wissen, schließlich wurde das Thema schon im Unterricht behandelt. Aber, wie das eben so ist beim Lernen: Nicht alle haben alles mitbekommen. "Woher soll ich das denn wissen?", fragt die elfjährige Emily frustriert. Auf die Frage nach dem islamischen Namen für Jesus ("Isa") weiß sie einfach keine Antwort, auch ihre beiden Klassenkameradinnen schauen ahnungslos.

"Wie nennen die Muslime Jesus?"

Am Nebentisch sind andere Schüler schon weiter, allerdings haben auch sie nicht die korrekte Antwort auf die Frage "Wie nennen die Muslime Jesus?" geliefert. "Messias ist nicht sein Name im Koran", sagt Amir Djeladini. Er ist angestellter Imam und Prediger der Mesxhidi-Aksa-Moschee in Leverkusen und Lehrer für islamischen Religionsunterricht an der Johannes-Löh-Gesamtschule. Grundsätzlich hätten die Kinder aber recht viel Vorwissen, sagt er.

Die elfjährige Emily gibt auf jeden Fall Entwarnung: "Die Fragen waren einfach, weil wir sie schon im Unterricht hatten", sagt sie, als sie mit ihrer Gruppe aus dem Kulturverein kommt. Mina (12) findet die "Jesus-Rallye" gut: "Da sieht man, wo die einzelnen Gebetsorte sind", sagt sie. Zudem erfahre man mehr über die andere Religion. "Man lernt, sich mehr zu vertrauen." Damit ist das pädagogische Lernziel schon gut beschrieben. "Die Kinder lernen so, besser miteinander umzugehen", sagt Direktorin Büscher. Auch die Resonanz von den Eltern sei durchweg positiv.

Noch eine Ausnahme

Büscher räumt aber ein, dass der interreligiöse Unterricht noch ausbaufähig ist. "Bislang ist das gemeinsame Lernen noch die Ausnahme", sagt sie. So gebe es etwa ein bis zwei interreligiöse Unterrichtseinheiten pro Halbjahr, der konfessionell getrennte Unterricht ist noch die Regel. Bei Themen, die in beiden Religionen eine Rolle spielen, würden dann gemeinsame Unterrichtseinheiten angesetzt. Das können zum Beispiel die Themen Schöpfung, Abraham als Stammvater der monotheistischen Religionen oder der Umgang mit Leben und Tod sein.

Derzeit sucht die Johannes-Löh-Gesamtschule eine Lehrkraft für islamischen Religionsunterricht. Die Schulleiterin hofft auf Absolventen des Studiengangs an der Uni Münster, die Mitte 2017 ihren Abschluss machen. Wünschenswert sei "eine ausgebildete Lehrkraft, die mehr im Kollegium verankert ist", sagt sie. Imam Djeladini sei eben kein festangestellter Lehrer, sondern komme lediglich für die Unterrichtsstunden in der Schule vorbei.


Quelle:
epd