"Anstatt sichere Fluchtwege nach Europa zu schaffen und an den Außengrenzen eine gerechte Verteilung aller Schutzsuchenden zu organisieren, hat die Abschottungspolitik der EU einen neuen humanitären Tiefpunkt erreicht", schreibt Maike Krumm, Referentin für Migration und Flüchtlingsarbeit bei der Caritas im Bistum Münster, in einem Gastbeitrag für den Fachdienst 'epd sozial'.
Caritas sieht Aushöhlung der Ziele des Flüchtlingsschutzes
Die EU plant einen verbindlichen Mechanismus, der zu einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge führen soll.
Er sieht eigene Grenzverfahren vor, die dafür sorgen sollen, dass alle Flüchtlinge registriert werden und die, die keinen Schutzanspruch haben, aus den Grenzstaaten nicht in andere Länder weiterziehen.
"Die zentrale Zielsetzung des internationalen Flüchtlingsschutzes, nämlich die inhaltliche Prüfung und Gewährung von Schutz für Schutzsuchende – und zwar eines jeden Einzelfalls – wird durch diese Grenzverfahren ausgehöhlt", kritisierte Krumm.
Krumm sieht keine Entlastung durch Solidaritätsmechanismus
Insbesondere sei das der Fall, wenn Schutzsuchende keinen angemessenen Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung oder verfahrensrechtlicher Beratung haben.
Kritisch sieht die Expertin auch den sogenannten 'Solidaritätsmechanismus', für den die EU-Staaten eine bestimmte Zahl an Plätzen für die Verteilung von Flüchtlingen zusichern.
"Eine wirksame Entlastung der Außengrenzstaaten kann damit nicht erreicht werden", ist Krumm überzeugt.
Sie prognostizierte eine Zunahme rechtswidriger Pushbacks, also das oft gewaltsame Zurückweisen Geflüchteter, wie auch eine Ausweitung von politischen Deals mit menschenrechtsverletzenden Autokratien in Drittstaaten.
Auslagerung von Verantwortung an menschenrechtliche Grundlagen missachtende Staaten?
Krumm nannte als Beispiele die EU-Türkei-Vereinbarung, das Abkommen mit der libyschen Küstenwache und die neueste EU-Vereinbarung mit Tunesien, das 100 Millionen Euro für sein 'Grenzmanagement' bekomme.
Die Migrationsexpertin warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, weder die Rechte von Geflüchteten zu stärken noch das Sterben auf dem Mittelmeer zu bekämpfen.
Vielmehr führe die Auslagerung von Verantwortung an Staaten, die sich nicht an menschenrechtliche und demokratische Grundlagen hielten, zur Billigung schwerer Menschenrechtsverletzungen.
"Grenzschützer agieren zum Teil ohne jegliche Kontrollinstanz. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern um einen systematischen Abbau von rechtsstaatlichen Prinzipien an den EU-Außengrenzen", sagte Krumm.