Caritas kritisiert Festsitzen von Flüchtlingen in Südeuropa

Kontigent-Übereinkunft funktioniert nicht

Caritas international hat die mangelnde Unterstützung für Schutzsuchende in Südeuropa kritisiert. Noch immer würden Zehntausende Flüchtlinge in den Balkanländern, Griechenland und Italien unter teils katastrophalen Umständen ausharren.

Syrische Flüchtlinge  / © Christoph Sator (dpa)
Syrische Flüchtlinge / © Christoph Sator ( dpa )

Das sagte der Präsident des Deutschen Caritasverbands, Peter Neher, bei der Jahrespressekonferenz am Donnerstag in Berlin. Durch das Türkei-EU-Abkommen hätten sich die Probleme an den Grenzen nicht gelöst. "Viele EU-Staaten haben noch keinen einzigen Flüchtling im Rahmen der Kontigent-Übereinkunft einreisen lassen", monierte Neher.

Appell an europäische Staaten

Der Caritas-Präsident appellierte an die südeuropäischen Länder, die Flüchtlinge nach humanitären Standards aufzunehmen. Zugleich forderte er alle Länder Europas auf, die Verantwortung für die Schutzsuchenden nicht auf Südeuropa oder gar auf Drittstaaten wie die Türkei oder Libyen abzuwälzen.

Neher sprach sich auch für mehr legale Zuwanderungswege nach Europa aus. "Wenn es klar wäre, wer zum Arbeiten kommt und wer einfach nur Schutz sucht, würden wir uns hier noch effektiver um die Gruppe der schutzsuchenden Menschen kümmern können", sagte er.

Scharfe Kritik an Attacken gegen Krankenhäuser

Der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, verwies auf die dramatische Lage in Syrien. Rund 4,5 Millionen Syrer seien von jeglicher Hilfe abgeschnitten. Darüber hinaus nehme die Zahl der Übergriffe auf humanitäre Helfer stetig zu. "Es ist an Perversion kaum zu überbieten, wenn Kampfjets Hospitäler mit Hunderten Zivilisten bombardieren und Ärzte um ihr Leben fürchten müssen, nur weil sie ihren Job machen, auf den sie zudem einen Eid geschworen haben", so Müller.

Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbands, hat im vergangenen Jahr Zuwendungen in Höhe von 85,24 Millionen Euro erhalten. Das entsprach einem Plus von 24 Prozent im Vorjahresvergleich. Besondere Zuwächse gab es dabei bei den öffentlichen und kirchlichen Zuschüssen. Diese stiegen im Vergleich zum Vorjahr von 34,6 auf 44,2 Millionen Euro an. Bei den Spenden betrug das Plus acht Millionen Euro auf insgesamt 38,4 Millionen.

Zuspitzende Ernährungskrise im Südsudan

Weiter befürchtet Caritas International eine sich zuspitzende Ernährungskrise im Südsudan infolge der anhaltenden Kämpfe. "Uns treibt besonders um, dass die Bevölkerung derzeit eigentlich auf den Feldern sein müsste", sagte Oliver Müller. Wenn die Äcker nicht bestellt würden, könne die Nahrungsmittelkrise in dem afrikanischen Land sich weiter verschärfen. Bereits jetzt sei der Südsudan eines der ärmsten Länder der Welt.

Die Kämpfe in dem ostafrikanischen Land hatten in den vergangenen Tagen erneut zugenommen. Zahlreiche Hilfswerke berichteten von Hunderten Toten in der Hauptstadt Juba. Das Auswärtige Amt brachte rund 100 Deutsche aus dem Land in Sicherheit. Die Organisation SOS-Kinderdörfer teilte mit, dass aufgrund von Luftangriffen ihre Einrichtung in Juba evakuiert worden sei.

Der Südsudan hatte 2011 seine Unabhängigkeit erlangt. Seit 2013 liefert sich Präsident Salva Kiir einen blutigen Machtkampf mit Herausforderer Riek Machar. Trotz eines Friedensabkommens flammen immer wieder Gefechte auf. Zuletzt sind nach Angaben des südsudanesischen Gesundheitsministeriums mindestens 270 Menschen getötet worden. Laut der Gesellschaft für bedrohte Völker haben sich mehr als 170.000 Menschen in UN-Camps geflüchtet.


Flüchtlingscamp im Südsudan (dpa)
Flüchtlingscamp im Südsudan / ( dpa )
Quelle:
KNA