Caritasdirektor spricht über Bürgergeld und seine Kritik

"Nur mit Vertrauen kann man Menschen motivieren"

Christoph Humburg hält das Bürgergeld für einen ersten richtigen Schritt. Im zweiten Schritt müsse Geld bereitgestellt werden, um die Arbeitslosen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Kritische CDU-Stimmen weist Humburg zurück.

Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin. / © Oliver Berg (dpa)
Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin. / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie beurteilen Sie das Bürgergeld?

Dr. Christoph Humburg (Direktor des Caritasverbandes Wuppertal/Solingen): Das Bürgergeld ist aus meiner Sicht grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Das heißt also ganz konkret, dass es gut ist, dass dieser Weg gegangen wird, weil die Sanktionen für die ersten Monate zunächst einmal wegfallen, für die betroffenen Menschen. Und das ist gut, weil nur mit Vertrauen kann man auch wirklich Menschen motivieren, dann vielleicht weiterzugehen und an der Situation, in der sie sind, etwas zu ändern.

DOMRADIO.DE: Die CDU hat sich kritisch geäußert. Henrik Wüst, der Ministerpräsident von NRW, hat zum Beispiel gesagt, dass es sich bewährt, wenn Menschen sich für Sozialleistungen anstrengen müssen. Und damit hat er natürlich auch suggeriert, dass sie das mit dem Bürgergeld nicht mehr müssen. Wie ordnen Sie diese Aussage ein?

Dr. Christoph Humburg, Direktor des Caritasverbandes Wuppertal/Solingen

"Man kann nicht a priori davon ausgehen, dass Menschen sich nicht bemühen, weil sie in einer schwierigen Situation sind."

Humburg: Die Aussage ist aus meiner Sicht grundsätzlich kritisch, weil man nicht a priori davon ausgehen kann, dass Menschen sich nicht bemühen, weil sie in einer schwierigen Situation sind. Und wir wissen auch, dass das Thema Armut immer stärker wird. Es ist häufig so, dass Menschen unverschuldet in diese Situation kommen. Ich glaube sogar, das ist die Regel, weil kein Mensch ohne Arbeit und ohne Beschäftigung sein möchte. Man muss aber darauf achten, dass Geld zu Verfügung gestellt wird, um Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dass man ihnen die Chance gibt, die Möglichkeiten, die der Staat bietet, auszunutzen. Dass man ihnen die Chance gibt, etwas konkret an ihrer Situation zu verändern. Insofern kann ich die Kritik der CDU in der Form nicht nachvollziehen.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet das denn konkret für die Menschen und auch für das Jobcenter, was ja bisher zuständig war?

Humburg: Konkret bedeutet das für die Menschen, dass sie erst mal sanktionsfrei sind. Für das Jobcenter bedeutet das, dass sie nicht ständig kontrollieren müssen. Das ist ja auch eine Entlastung. Es ist nicht mehr das System der Belohnung und der Bestrafung, wie es bislang war. Das ist aus meiner Sicht menschenunwürdig. Jetzt geht es wirklich um Motivation. Und für die Motivation braucht es natürlich Haushaltsmittel, um die Menschen begleiten und integrieren zu können. Mit dem Bürgergeld setzen wir auf Motivation und nicht auf Druck. Und deswegen ist meine Einordnung, dass das Bürgergeld ein Schritt in die richtige Richtung ist. Die Kritik von Herrn Wüst ist aus dieser Sicht so nicht nachvollziehbar.

DOMRADIO.DE: Jetzt geht es ja genau um die Menschen, um die sich die Caritas kümmert. Was wird sich denn für Sie ändern ab dem 1. Januar, wenn das Bürgergeld kommt und Ihre Arbeit?

Humburg: Es wird sich ändern, dass wir mehr Möglichkeiten haben, zu motivieren. Zu sagen: 'Ihr habt ja keine Sanktionen, überlegt mal völlig frei, was ihr machen könnt und was, wo wir euch unterstützen können.' Das ist ein sehr positiver Ansatz und das wird sich für die Menschen ändern. Und das ist aus meiner Sicht außerordentlich begrüßenswert.

Das Interview führte Martin Mölder.