Caritaspräsident spricht über Ostzuwanderung vor CSU-Mitgliedern

Zuwanderung mal sachlich

Als inakzeptal kritisiert die Caritas das CSU-Papier zur Zuwanderung. Der oft zitierte Satz "Wer betrügt, der fliegt" sei populistisch, so Caritaspräsident Neher im domradio. Seine Kritik wiederholte er auch bei der CSU-Winterklausur.

Rumänischer Reisebus (dpa)
Rumänischer Reisebus / ( dpa )

Caritas-Präsident Peter Neher hat seine Kritik an dem CSU-Slogan "Wer betrügt, der fliegt" bekräftigt. Als Redner bei der CSU-Klausurtagung erklärte Neher am Donnerstag in Wildbad Kreuth, er halte es für gefährlich, damit den Blick auf einen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen zu lenken. Die Mehrheit der hier lebenden Menschen aus Rumänien und Bulgarien arbeite und komme "in der Regel genau wegen der Arbeitsmöglichkeiten in unser Land und nicht, um sich Sozialleistungen zu erschleichen". So seien im vergangenen November 15.000 Bulgaren und Rumänen arbeitslos gemeldet gewesen, dies sei eine Quote von 7,4 Prozent.

Zugleich räumte Neher ein, in einigen Städten Deutschlands sei der Zuzug dieser Bürger "mit Problemen behaftet". Er schlug einen Rechtsanspruch von EU-Bürgern auf Integrationskurse vor, wie ihn der Städtetag fordere. Vielleicht könnten auch verbesserte Informationsmöglichkeiten vor der Einreise helfen, so der Caritas-Präsident weiter.

Er forderte zudem, dass das Grenzschutzsystem der EU sich an der Menschenwürde der Schutzsuchenden orientiere. Alle Mitgliedstaaten der EU seien aufgefordert, den Grundsatz der Nichtzurückweisung auf hoher See gegenüber Flüchtlingen anzuerkennen und umzusetzen. Es müsse ein effektives Seenot-Rettungssystem etabliert werden, um weitere Todesfälle unter Migranten bei ihren Überfahrten nach Europa zu verhindern.

Woelki: Beschämender könnten manche Aussagen nicht sein

In Berlin kritisierte auch der Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki die Wortwahl in der Zuwanderungsdebatte scharf. Bei einem Neujahrsempfang des Erzbistums Berlin äußerte er sich am Mittwoch in der Hauptstadt "erschüttert" darüber, "wie sofort mit Ängsten und Stereotypen polarisiert" werde. "Beschämender könnten manche Aussagen nicht sein", so der Berliner Erzbischof. Er warnte davor, mit Blick auf Wahlkämpfe mit ausländerfeindlichen Aussagen "Bauernfängerei" zu betreiben.

Woelki forderte eine "differenzierte Diskussion" darüber, wie eine Integration gelingen könne. Wie in der Welt insgesamt sei Migration auch in Deutschland "nicht wegzudenken". Erforderlich sei deshalb eine "Willkommenskultur statt einer Abwehrkultur". Dies mache auch das zunehmende Missverhältnis zwischen jungen und alten Menschen in Deutschland sinnvoll. Zugleich müssten die Auswanderungsländer aber dabei unterstützt werden, ihren Bürger etwa durch Bildungsmaßnahmen Perspektiven in der Heimat zu eröffnen.

Initiative Berlin-Neukölln

Der Kardinal erklärte, Initiativen wie das Projekt der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft für Roma-Zuwanderer in Berlin-Neukölln zeigten, wie Integration möglich sei. Er würdigte auch die Bemühungen von Caritas und Kirchengemeinden in Berlin, obdachlosen Migranten Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Dies zeige, dass Lösungen nur durch das Engagement vieler zu finden seien.

Die CSU-Bundestagsabgeordneten beendeten am Donnerstag ihre Winterklausur im oberbayerischen Wildbad Kreuth. Die CSU hatte anlässlich der kompletten Öffnung des Arbeitsmarkts für Rumänen und Bulgaren zum 1. Januar vor einer verstärkten Armutszuwanderung gewarnt.

Bundesregierung setzt Ausschuss zur Zuwanderung ein

Unterdessen will die Bundesregierung bis zum Sommer mit einem eigenen Gremium dem angeblichen Problem nachgehen. Das Bundeskabinett setzte dazu am Mittwoch einen Staatssekretärs-Ausschuss mit Vertretern fast aller Ministerien ein. Die Runde soll bis Juni prüfen, ob und wie die Regierung gegen einen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch EU-Bürger vorgehen sollte. "Wir müssen bestehende falsche Anreize zur Zuwanderung in die Sozialsysteme abbauen", sagte Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) dazu der "Passauer Neuen Presse".

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt beharrte in Wildbad Kreuth auf der viel kritisierten Warnung der CSU an ausländische Arbeitnehmer vor Missbrauch deutscher Sozialsysteme. Den Vorwurf, mit dem Slogan "Wer betrügt, der fliegt" die Politik von Rechtspopulisten zu betreiben, wies sie scharf zurück. "Ich habe überhaupt keine Veranlassung, mir einen solchen Hut aufzusetzen", sagte sie in Kreuth. Die CSU reagiere nur auf Hilferufe aus Städten und Kommunen, darunter auch aus der SPD.

CSU-Papier in Kreuth beschlossen

Das umstrittene Papier, das den Slogan enthält, wurde in Kreuth förmlich beschlossen. Der Entwurf sei ohne Änderungen einstimmig angenommen worden, teilte Hasselfeldt mit. In dem Papier heißt es unter anderem: "Keine Armutsmigration in die Kommunen begünstigen: Wir stehen zur Freizügigkeit in der EU. Eine Zuwanderung in unsere sozialen Sicherungssysteme lehnen wir jedoch ab." Bei nachweislichem Sozialleistungsbetrug müssten die Verursacher nicht nur ausgewiesen, sondern ihnen auch die Wiedereinreise verwehrt werden.


Peter Neher (dpa)
Peter Neher / ( dpa )
Quelle:
DR , dpa , KNA