Chaos auf den Flughäfen und Demonstration in den Straßen - das von Präsident Donald Trump erlassene Einreiseverbot von Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten hat USA-weit zu spontanen Protesten geführt. Allein in New York gingen einige zehntausend Menschen auf die Straßen. In Washington marschierten Demonstranten unangemeldet vom Weißen Haus über die Pennsylvania Avenue.
Trump wies den Begriff des "Muslim-Banns" und eines Generalverdachts gegen Muslime zur Charakterisierung seines Dekrets von sich. Es gehe "nicht um Religion", sondern "um Terror und darum, unser Land zu schützen". Über 40 weitere Staaten, die mehrheitlich muslimisch seien, seien von der Direktive nicht betroffen. In einer schriftlichen Erklärung betonte der Präsident, dass die USA eine stolze Nation von Einwanderern sei, "und wir werden weiterhin Mitgefühl für jene zeigen, die vor Unterdrückung flüchten, aber wir werden zugleich unsere eigenen Bürger und Grenzen schützen".
Gerichte gegen Trump
Die Gerichte sehen das anders. Die New Yorker Bundesrichterin Ann Donnelly hatte am Samstag per einstweiliger Verfügung wesentliche Teile des Dekrets außer Kraft gesetzt. Diese betreffen vor allem Reisende, die einen Doppelpass, eine Greencard sowie einen anderen legalen Aufenthalt-Status in den USA haben. Zwei weitere Bundesgerichte trafen ähnliche Entscheidungen.
Alle Fluggäste mit gültigen Einreisedokumenten aus Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen dürfen die Flughäfen nun nach den Urteilen verlassen. Das Heimatschutz-Ministerium beugt sich dieser Entscheidung im Grundsatz, hält aber daran fest, Spielraum bei der Interpretation der Verbotsverordnung zu haben. Jedes Visum könne annulliert werden, wenn die Sicherheit der USA gefährdet sei, hieß es in Washington. Das Ministerium und der Stabschef im Weißen Haus, Reince Priebus, sorgten für Verwirrung, als sie entgegen anderer Mitteilungen darauf beharrten, Green-Card-Inhaber seien nicht von dem Einreiseverbot betroffen.
"Diskriminierende Politik"
Die unmittelbare Umsetzung des Exekutivbefehls hatte am Wochenende zu chaotischen Szenen auf den Flughäfen und spontanen Protesten in den amerikanischen Großstädten geführt, nachdem die "Border Patrol" mindestes 375 Personen die Einreise auf Grundlage des Dekrets verweigert hatte.
Der katholische Kardinal Blase Cupich aus Chicago sprach von einem "düsteren Moment in der US-Geschichte". Der von Papst Franziskus ernannte Kardinal beharrte darauf, es handele sich um eine die Muslime diskriminierende Politik. "Sie machen Ausnahmen für Christen und nicht-muslimische Minderheiten, aber nicht für muslimische Flüchtlinge, die ihr Leben retten wollen."
Selbst die republikanischen Senatoren John McCain und Lindsey Graham verurteilten das Dekret. Mit drastischen Worten wies Trump die Kritik seiner Parteifreunde zurück:
Das gemeinsame Statement der beiden früheren Präsidentschaftskandidaten sei falsch, "sie sind erbärmlich schwach" beim Thema Immigration. McCain und Graham sollten ihre Energien lieber auf den "Islamischen Staat" (IS), illegale Einwanderung und Grenzsicherung verwenden. Die Demokraten wollen an diesem Montag ein Gesetz in den Kongress einbringen, das Trumps Order rückgängig macht.
Internationale Kritik
Auch international stieß das Präsidenten-Dekret auf massive Kritik. Sowohl die britische Premierministerin Theresa May als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierten die Entscheidung bereits am Wochenende.
Am Montag fand Merkel noch deutlichere Worte. Das Vorgehen widerspreche dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und internationalen Kooperation, sagte Merkel.
Auswirkungen sind unklar
Neben Empörung verursachte der Erlass von Trump vor allem auch Fragezeichen in der deutschen Regierung. Man bemühe sich zu verstehen, "was da passiert ist", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Montag in Berlin. Dazu brauche man aber "Auslegungsunterstützung" von denjenigen, die das Dekret verabschiedet haben. Welche Konsequenzen der Erlass etwa für Bürger aus den fraglichen Staaten hat, die aus den USA in den Schengenraum reisen wollen oder für deutsches diplomatisches Personal, ist seinen Worten zufolge noch unklar.
Einig war man sich darin, dass wohl auch deutsche Doppelstaatler von dem Dekret betroffen sein werden. Merkel versprach, Bundeskanzleramt und Auswärtiges Amt würden alles daran setzen, deren rechtliche Lage zu klären. EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas erklärte in Brüssel: "Wir werden natürlich sicherstellen, dass unsere Bürger keine Diskriminierung erleiden."
Unter den Betroffenen in Deutschland ist etwa der Grünen-Politiker Omid Nouripour. Er kritisierte den Erlass im Deutschlandfunk als "hart, grausam und sinnlos". Der Linken-Politiker Niema Movassat, wie Nouripour Deutsch-Iraner, sagte dem epd, für ihn heiße "das nun konkret, dass ich als Entwicklungspolitiker weder dienstliche Reisen etwa zu UN-Organisationen oder zur Weltbank noch private in die USA unternehmen kann".
"Wasser auf die Mühlen des IS"
Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte das Dekret. Trumps Politik sei Wasser auf die Mühlen des IS, der behaupte, der Westen würde Krieg gegen die Muslime führen, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek am Montag der "Bild".
Der effektivste Kampf gegen Terrorismus sei nicht die Einschränkung, sondern die Wahrung der Menschenrechte.
Angemessene Antwort: Gastfreundschaft betonen
Auch die "Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus" verurteilte das vom amerikanischen Präsidenten erlassene Einreiseverbot scharf. Das sei purer Rassismus, erklärte die Stiftung in Darmstadt. Sie betonte, nun müsse alles dafür getan werden, dass sich dieser "Geist der Menschenfeindlichkeit" nicht weiter ausbreite.
Die Stiftung unterstrich, Einreiseverbote für US-Amerikaner seien keine angemessene Antwort. Vielmehr gelte es gerade jetzt, den Wert der Gastfreundschaft zu betonen. Ausdrücklich rief die Stiftung dazu auf, sich an den diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus vom 13. bis 26. März zu beteiligen.